Kopf des Tages
Ein Medienpate und die Rache der „Requisiten“
Roger Ailes musste wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung als Chef des US-Kabelsenders Fox zurücktreten.
Von einer Entschuldigung ist Roger Ailes weit entfernt. Im Gegenteil, er sei stolz, ließ er in einem Brief über seine Anwältin mitteilen. „Stolz auf die Rolle, die ich über Jahre in den Karrieren vieler Frauen gespielt habe, die leitende Positionen und Moderatorenjobs bekommen haben.“In dem Schreiben hatte Ailes als Chef des Senders Fox News und als Vorsitzender der FoxSendergruppe seinen Rücktritt bekanntgegeben. Dem 76-Jährigen waren Vorwürfe zum Verhängnis geworden, er habe Frauen zu sexuellen Diensten gedrängt – mit der Drohung, sonst ihre Karriere zu beenden.
Solchen Klagen mit einem fast zynisch scheinenden Gegenentwurf zu begegnen: Das mag vielen beispielhaft scheinen für den Ton, den Ailes in seiner jahrzehntelangen Karriere in der US-Politik etabliert hat.
Schon lange bevor er 1996 Fox News gründete, galt Ailes als einer der mächtigsten Männer der konservativen USPolitik. Richard Nixon machte er im Wahlkampf 1968 mit jener Law-andOrder-Botschaft wählbar, die nun Donald Trump abkupfern will. In den Kampagnen von Ronald Reagan und George H. W. Bush war er mit dem Strategen Lee Atwater für das Aufkommen jener Angriffswerbung verant- wortlich, die Gegner subtil und persönlich unmöglich machte.
Unbestritten ist das Gespür, mit dem der Sohn eines Fabrikarbeiters jenen eine Stimme gab, die sich von traditionellen Medien nicht vertreten fühlten. Sie durften sich bei Fox News als Mitte der Gesellschaft wähnen, alle anderen wurden zur liberalen Elite erklärt.
Kritik an Ailes’ detailverliebter Führung gab es kaum – wer es wagte, dem galt der kalkulierte Hass der Fox-Gruppe als sicher. Oft auf Jahre. So ist wohl zu erklären, dass sich Frauen, die er bedrängt haben soll, erst jetzt melden, obwohl Exmoderatorin Gretchen Carlson sagt, dass sich viele als „blonde Requisiten“fühlten.
Ailes ist seit 1998 mit der früheren TV-Produzentin Elizabeth Tilson (55) verheiratet. Nachbarhäuser des gemeinsamen Anwesens im ländlichen New York kaufte der Fox-Chef samt und sonders, um seine Privatsphäre zu schützen. Seinen 16-jährigen Sohn Zac will er besser behandeln als sein Vater einst ihn. Dieser habe ihn einmal vom Hochbett in seine Arme springen lassen – nur um ihn dann fallen zu lassen, sagte Ailes einst seinem Biografen Zeev Chafets im Buch Off Camera. Die Botschaft habe er sich gemerkt: Man dürfe anderen Menschen nie völlig vertrauen.