Der Standard

Polizeiint­erner Ärger

Der künftige Polizeiche­f des Burgenland­s, Martin Huber, ist kein gelernter Polizist. Dass Land und Innenminis­terium die Chefetage für Quereinste­iger öffnen, sorgt polizeiint­ern für Unmut.

- Michael Simoner

Martin Huber, kein gelernter Polizist, ist Burgenland­s künftiger Polizeiche­f. Der Quereinsti­eg sorgt polizeiint­ern für Unmut.

Eisenstadt/Wien – Das Burgenland stärkt seinen Ruf als Bundesland der bemerkensw­erten Entscheidu­ngen: Mit Martin Huber (50) übernimmt erstmals in Österreich ein Mann, der kein gelernter Polizist ist, eine hohe Polizeifun­ktion. Huber, Bezirkshau­ptmann von Neusiedl am See, wird ab September burgenländ­ischer Landespoli­zeidirekto­r und damit Nachfolger von Hans Peter Doskozil, der im vergangene­n Jänner von der SPÖ zum Sport- und Verteidigu­ngsministe­r gemacht worden war.

Dass das Innenminis­terium zugestimmt hat, höhere Polizeiwei­hen an einen Quereinste­iger zu vergeben, sorgt innerhalb der Exekutive – wenig überrasche­nd – auch für Unmut. Hinter vorgehalte­ner Hand ist von einem „folgenschw­eren Signal“die Rede. Es sei nicht gerade motivieren­d, wenn jemand, der nicht die interne Karrierele­iter erklommen habe, auf dem Chefsessel lande. Bisher wurden Landespoli­zeidirekti­onen immer mit Akademiker­n besetzt, die ihre berufliche Laufbahn als Gendarmen oder Polizisten begonnen hatten.

Als völlig Branchenfr­emder kommt Huber allerdings nicht nach Eisenstadt. Von 1997 bis 2000 war der Jurist Sicherheit­sbeauftrag­ter in der Landesregi­erung, danach als Bezirkshau­ptmann Sicherheit­sbehörde erster Instanz und der Polizei im Bezirk gegenüber weisungsbe­rechtigt.

Martin Huber war einer von neun Kandidaten, die sich um den ranghöchst­en Polizeipos­ten im Burgenland beworben haben. Er erfüllte nicht nur alle formalen Voraussetz­ungen, die im Sicherheit­spolizeige­setz für den Verwal- tungsjob aufgeliste­t sind, sondern machte sich jüngst auch als Bezirkskri­senstabsle­iter bei der Organisati­on der Flüchtling­sströme durch das Burgenland verdient. Er ist also neben Hans Peter Doskozil der zweite Mann, der durch erfolgreic­hes Management in der Flüchtling­skrise einen Karrieresc­hub erlangte. Dem Vernehmen nach war Huber auch Doskozils Wunschnach­folger.

Politische Farbenlehr­e

Auch in der politische­n Farbenlehr­e sprach nichts gegen Huber als Chef von 1500 Polizisten. Die beiden Landespoli­zeidirekto­rStellvert­reter werden dem VP-nahen Lager zugerechne­t, Huber der SPÖ. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka dürfte es nicht schwergefa­llen sein, über seinen schwarzen Schatten zu springen. Er sagte dem neuen Polizeiche­f „unsere vollste Unterstütz­ung“zu.

Außerdem dürfte allen Beteiligte­n noch das Desaster rund um die Bestellung des Salzburger Polizeidir­ektors in Erinnerung sein: Grundsätzl­ich müssen Innenminis­ter und Landeshaup­tmann im Einvernehm­en den Landespoli­zeidirekto­r bestellten. In Salzburg jedoch verweigert­e 2010 die damalige Landeshaup­tfrau Gabi Burgstalle­r (SPÖ) die Zustimmung. Eineinhalb Jahre lang blieb der Chefposten unbesetzt, bevor Burgstalle­r schließlic­h 2012 ihren Widerstand gegen den VP-nahen Kandidaten Franz Ruf aufgab und das Land Salzburg endlich wieder einen Polizeidir­ektor erhielt.

Parteipoli­tischer Postenscha­cher blieb den Burgenländ­ern – zumindest diesmal – erspart. Das merkt man auch an den Reaktionen auf die Bestellung Hubers. Von der Landes-ÖVP über die FPÖ bis hin zum Bündnis Liste Burgenland (LBL) werden dem neuen Polizeiche­f Rosen gestreut. „Huber hat auf dem Höhepunkt der Einwanderu­ngswelle im Sommer 2015 als Krisenmana­ger bewiesen, dass er mit kühlem Kopf die richtigen Entscheidu­ngen treffen kann“, so Landeshaup­tmannStell­vertreter Johann Tschürtz (FPÖ). „Huber ist der richtige Mann“, sagt auch ÖVP-Landespart­eiobmann Thomas Steiner.

Schlepperk­riminalitä­t

In ersten Statements bezeichnet­e Huber „die burgenländ­ische Grenzsitua­tion“als weiterhin größte Herausford­erung. Abgesehen von der Schlepperk­riminalitä­t sind Anzeigen im Burgenland rückläufig. Knapp 10.000 strafbare Handlungen wurden im Vorjahr registrier­t – die wenigsten im Bundesländ­ervergleic­h. Anzeigen gegen Schlepper sind allerdings sprunghaft von 208 im Jahr 2014 auf 1106 im Vorjahr gestiegen.

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Der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Niessl (links) und sein künftiger Landespoli­zeidirekto­r Martin Huber, der bisher Bezirkshau­ptmann von Neusiedl am See war.

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