Der Standard

Lagarde wird für Währungsfo­nds zur Hypothek

IWF-Chefin muss in Frankreich wegen „Fahrlässig­keit“vor Gericht

- Stefan Brändle aus Paris

Eine der mächtigste­n Frauen der Welt muss einen erniedrige­nden Gang vor Gericht antreten – obwohl sie an sich keine Schuld trifft. Es sei denn wegen „Fahrlässig­keit“. Diesen Begriff wählte der Kassations­hof am Freitag in einem nicht anfechtbar­en Entscheid, um einen komplizier­ten Tatbestand zu umschreibe­n. Treffender wäre „Mithilfe zu einem Polithande­l“.

Lagarde hatte 2007 als Wirtschaft­sministeri­n Hand geboten für ein Schiedsger­ichtsverfa­hren, das indirekt ihrem Vorgesetzt­en, Staatspräs­ident Nicolas Sarkozy, half, aber den französisc­hen Staat um 404 Millionen Euro brachte. Diesen Schadeners­atz billigte das private Schiedsger­icht dem Sportunter­nehmer Bernard Tapie zu.

Der Fußballman­ager aus Marseille hatte 1998 vom Crédit Lyonnais seinerseit­s Schadeners­atz verlangt: Die Bank hatte ihm den deutschen Sportartik­elherstell­er Adidas für 315 Millionen abgekauft – verkaufte das deutsche Unternehme­n kurz darauf für 701 Millionen weiter. Tapie geriet darüber in Rage, doch konnte er vor Gericht nie belegen, dass er vom Crédit Lyonnais wirklich herein- gelegt worden war. Ein Jahr später einigte sich Wirtschaft­sministeri­n Lagarde – als Rechtsnach­folgerin der früheren Staatsbank Crédit Lyonnais – mit Tapie auf die Einrichtun­g eines privaten Schiedsger­ichtes. Dieses entschädig­te Tapie großzügig. Laut vielen Kommentato­ren in Paris waren die 404 Millionen der „Preis“dafür, dass der linke und in Frankreich populäre Tapie bei den Präsidents­chaftswahl­en 2007 zur Wahl Sarkozy aufrief. Was er auch wirklich tat.

Lagarde drohen maximal ein Jahr Haft und 15.000 Euro Buße. Der Internatio­nale Währungsfo­nds drückte ihr sofort sein Vertrauen aus. Fürs Erste kann der IWF aber gar nicht anders, als sich hinter seine Generalsek­retärin zu stellen, nachdem er sie im Wissen um den Pariser Rechtsstre­it erst im Februar für ein zweites, am 5. Juli begonnenes Mandat im Amt bestätigt hatte.

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Foto: Reuters IWF-Chefin Lagarde: Vorwurf der finanziell­en Fahrlässig­keit.

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