Ein bisschen Frühlingsschein im Spiel der Sommerlüfte
Andrea Eckerts neue Ära in Gutenstein: Ferdinand Raimunds „Der Diamant des Geisterkönigs“
Gutenstein – Gutenstein bildet den natürlichen Nährboden, um des Zaubertheaters von Ferdinand Raimund würdig zu gedenken. Waldhügel stürzen in finsterer Pracht talwärts. In einem weitläufigen Park steht das Zelt der Raimund-Festspiele. Hier feiert man dieser Tage sehr vergnüglich den Anbruch einer neuen Ära.
Seit heuer widmet sich Schauspielerin Andrea Eckert der Raimund-Pflege. Ihre Repertoirewahl fiel auf die Zauberposse Der Diamant des Geisterkönigs (Regie: Cornelia Rainer). In diesem heiteren Machwerk gefällt sich ein sehr irdisch anmutender Geisterkönig namens Longimanus (Karl Ferdinand Kratzl) in der Rolle als Schicksalsgott.
Überhaupt befinden sich die Sphären in der schändlichsten Verwirrung. Einen Magier namens Zephises hat der Blitzschlag niedergestreckt. Sein Sohn Eduard steht ohne Mittel da, also müssen ihm die Geister aufhelfen. Weil aber keine Unternehmung ohne die Mitwirkung guter Geis- ter einen glücklichen Ausgang nimmt, hat man sich in Gutenstein des Zuspruchs des Landesvaters versichert.
Erwin Prölls Eröffnungsrede beschwor den Genius loci. In seiner charismatischen Gestalt findet die geschichtliche Sendung eines Geisterkönigs ihren diesseitigen Ausdruck. Sogleich wurden zwei kleine Mädchen mit einem Gedicht beim Landesfürsten vorstellig. Da reimte sich „Frühlingsschein“auf „Gutenstein“, und es wurde schlagartig klar: Der Sommer, wo immer er bisher geblieben sein mag, kann kommen.
Die Aufführung selbst hält mit solchem Vorspiel Schritt. Rainer entschied sich dafür, das Reich der Geister in den Haushalt des Zephises hineinzupacken. So sieht man das Mariandel (Annette Isabella Holzmann) als herbe Haushälterin ihres Amtes walten, während die neckischen Feen für sie unsichtbar bleiben. Longimanus erscheint in Kratzls Gestalt als kurioser Strizzi im orientalischen Gewand. Die unübersichtliche Handlung braucht geraume Zeit, bis sie exotische Fahrt aufnimmt.
Je länger der Abend dauert, desto besser sitzt der Biedermeierrock. Rainer erweist Eduards (Alexander Meile) Morgenlandfahrt als Produkt eines eigentlich unerhörten Betrugs: Longimanus selbst dürfte der leibliche Vater von Zephises’ Sprössling sein! Meiles ein wenig blutarmer Parsifal hat dafür einen prächtig burlesken Diener (Matthias Mamedof). Wirklicher Geisterstaub wird aber vornehmlich dann verstreut, wenn die Prinzipalin auftritt. Andrea Eckert bescheidet sich mit der Rolle der „Hoffnung“. Sie gibt auf Eva-Maria Schwenkels verwunschener Bühne eine Lebedame, die mit der roten Rose der Vergänglichkeit in der Hand direkt aus Paris nach Gutenstein angereist zu sein scheint. Von einem gelungenen Auftakt einer neuen Ära lässt sich, im Gutensteiner Frühlingsschein, jedenfalls sprechen. p www.raimundspiele.at