Augenblicke der Weltoffenheit
Die Ausstellung „Anti:modern“im Museum der Moderne richtet Schlaglichter auf die Geschichte Salzburgs zwischen Tradition und Erneuerung – inmitten eines Europas zwischen kulturellem Fortschritt und Nationalsozialismus.
Salzburg – Am Samstag eröffnet im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg anlässlich der 200jährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich die Ausstellung Anti:modern. Salzburg inmitten von Europa zwischen Tradition und Erneuerung. Darin geht man der Frage nach, ob die Mozartstadt tatsächlich antimodern ist, wie gerne behauptet wird.
Dies tun die Museumsdirektorin und leitende Kuratorin Sabine Breitwieser und ihr Team rund um Beatrice von Bormann, indem sie historische Exponate aus bildender Kunst, Gesellschaft, Politik, Literatur, Tanz, Theater, Musik und Wissenschaft mit Arbeiten zeitgenössischer Künstler wie Alice Creischer und Andreas Siekmann, Renée Green, Hans Haacke, Oliver Ressler, Gerhard Richter, Isa Rosenberger und Franz West konfrontieren.
Da Salzburg im Herzen Europas liegt, wurde die Stadt bald zu einem Treffpunkt für Wissenschafter, Wirtschaftslenker, Künstler und Kunstliebhaber. Letztere kamen zu den 1920 nach Konzepten von Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt gegründeten Festspielen.
Vergessene Versuche
Hofmannsthal publizierte 1919 die Schrift Deutsche Festspiele in Salzburg – den Boykott seiner Werke unter den Nazis und die Eliminierung aus der FestspielAhnengalerie musste der 1929 verstorbene Dichter nicht mehr miterleben. Reinhardt flüchtete im Oktober 1937 ins kalifornische Exil. Sein Eigentum, Schloss Leopoldskron samt Kunstschätzen, wurde von der Gestapo beschlagnahmt. Zentren der Moderne waren Metropolen wie Wien, New York, Berlin und Paris.
Die Schau zeigt – größtenteils vergessene – Versuche, auch in Salzburg Progressives zu etablieren. So wurde hier 1922 die Internationale Gesellschaft für Neue Musik gegründet. Zwischen 1925 und 1935 betrieb Elizabeth Duncan, eine Schwester der Tänzerin Isadora Duncan, im Schloss Klessheim eine Tanzschule. Der erste Fachkongress zur Psychoanalyse Sigmund Freuds fand 1908 in Salzburg statt.
Der Bruch mit modernen kulturellen Entwicklungen manifestierte sich spätestens mit dem Einmarsch der Hitlertruppen 1938. Im nationalsozialistischen Kulturverständnis gab es keinen Platz für „entartete Kunst“und „Kulturbolschewismus“. Man beschwor die „Volksgemeinschaft“, im Hass auf das demokratische System, Juden und Linke sollte der Grundstein für den nicht nur ideologischen Krieg gelegt werden. Im Herbst 1938 machte die Wanderausstellung Entartete Kunst – sehr symbolträchtig – Station im Festspielhaus. Zu sehen waren Werke der Avantgarde, die von den Nazis als „undeutsch“, „krankhaft“und „jüdisch-bolschewistisch“bewertet wurden.
Instrumentalisierte Kunst
Der Maler Karl Reisenbichler entschied über die Aufnahme hiesiger Künstler in die Reichskammer – Ablehnung aus politischen, religiösen oder Abstammungsgründen bedeutete Arbeitsverbot. Bereits im April 1938 hatten die deutschen „Kulturwächter“auf dem Residenzplatz bei der einzigen inszenierten Bücherverbrennung in einer österreichischen Stadt Werke Stefan Zweigs, Franz Werfels oder Alexander Roda-Rodas in die Flammen geworfen.
Der Feldzug wider den „undeutschen Geist“samt brutaler Verfolgung ließ viele Künstler emigrieren. Exil und Flucht sind ebenso Gegenstand der Schau wie konservative und traditionsbewusste Tendenzen in der Zwischenkriegszeit sowie die Instrumentalisierung der Künste in den 1930ern. Aber auch die Bemühungen, nach 1945 wieder an die Moderne anzuschließen, werden thematisiert: etwa die Gründung der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst im Jahr 1953. Bis 6. November. Di–So: 10–18 Uhr, Mi: 10–20 Uhr. In der Festspielzeit zusätzlich Mo 10–18 Uhr pwww. museumdermoderne.at