Eine Anklage ist kein Urteil
Peter Kaiser will supersauber sein. Erhebt die Staatsanwaltschaft gegen ihn Anklage wegen Untreue, hat der Kärntner Landeshauptmann für sich selbst die Höchststrafe vorgesehen: den Rücktritt.
Kaisers Versprechen fußt auf einem hehren Anspruch. Bewusst wollen sich die Kärntner Genossen von der windigen FPK-BZÖ-Partie und ihren vielen Affären abheben. Doch vor lauter Tugendhaftigkeit droht Kaiser sich und das Land in eine Situation hineinzutheatern, in der am Ende erst recht die Freiheitlichen triumphieren könnten.
Wie auch immer man die Causa Top Team – es geht um angeblich veruntreutes Landesgeld – bewerten mag: Es ist ein überzogenes Moralverständnis, ein eingeleitetes Gerichtsverfahren ohne Wenn und Aber als Rücktrittsgrund zu definieren. Ein Staatsanwalt ist kein Richter, eine Anklage kein Schuldbeweis, dafür sind im Rechtsstaat Urteile vorgesehen. Anklagen müssen zwar vom Gericht zugelassen werden, aber ein Verdacht bleibt trotzdem bloß ein Verdacht – auch wenn dieser gut begründet ist.
Das heißt nicht, dass kein Würdenträger jemals zurücktreten sollte, ehe ihn ein Richter verurteilt; die Welt sah schon genug Politiker, die sich ganz ohne jedes Verfahren den Abgang verdient hatten. Es kommt eben auf den Fall und die Umstände an, die Bewertung liegt im Auge des Betrachters. Der Automatismus „Anklage führt zu Rücktritt“läuft nur auf eines hinaus: eine Vorverurteilung.