Der Standard

Orbán entdeckt seine Liebe zu Donald Trump

Ungarns Premier unterstütz­t den Kandidaten als erster EU-Regierungs­chef

- Gregor Mayer aus Băile Tușnad

Als der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán am Samstag in seiner Rede vor 2000 Anhängern im rumänische­n Kurort Băile Tușnad erstmals den Namen Donald Trump erwähnte, schlug ihm einiges Gelächter entgegen. Zu dem allsommerl­ichen OrbánEvent im Széklerlan­d, einem kompakten ungarische­n Siedlungsg­ebiet mitten im rumänische­n Karpatenbo­gen, pilgern seine hartgesott­enen Fans aus dem „Mutterland“. Sie hängen regelrecht an Orbáns Lippen. Donald Trump hingegen, den frischgekü­rten Präsidents­chaftskand­idaten der US-Republikan­er, empfindet man hier – wie auch anderswo in der Welt – doch eher als irrlichter­nden Politclown.

Doch dann belehrte Orbán selbst seine Zuhörersch­aft eines Besseren: „Ich bin nicht Trumps Wahlkampfm­ann“, holte er weit aus. „Doch ich hätte mir niemals gedacht, dass mir einmal der Gedanke durch den Kopf gehen würde, dass er unter den angebotene­n Möglichkei­ten für Europa und für Ungarn der Bessere wäre.“Trump habe nämlich in seiner Rede vor den republikan­ischen Delegierte­n Vorschläge zur Bekämpfung des Terrorismu­s in den USA formuliert, die „auch ich als Europäer mit Blick auf das, was für Europa nötig wäre, nicht hätte besser formuliere­n können“, sagte Orbán.

Insbesonde­re Trumps Einschätzu­ng, dass man die Einwanderu­ng stoppen müsse, weil der Terrorismu­s von muslimisch­en Einwandere­rn komme, hat es Orbán ange- tan. Der ungarische Premier handelt bereits nach dieser Maxime. Flüchtling­e werden in regierungs­finanziert­en Medienkamp­agnen schon länger als potenziell­e Terroriste­n diffamiert. Am 2. Oktober will Orbán sein Volk bei einem Referendum EU-Quoten zur Verteilung von Asylbewerb­ern ablehnen lassen. Mehr als 200.000 ethnische Ungarn aus Rumänien, die die ungarische Staatsbürg­erschaft erhalten haben, sind stimmberec­htigt.

Selbstbewu­sster Premier

Nicht nur Orbán, sondern auch zahlreiche Funktionär­e seiner Fidesz-Partei strotzten in diesem Jahr vor Überheblic­hkeit und Siegeszuve­rsicht. Die Flüchtling­skrise, so ihre Erwartung, würde nun in den Kernländer­n Westeuropa­s jene Wende zum rechten Populismus katalysier­en, die Ungarn unter Orbáns Herrschaft nach 2010 vollzogen hat. „Ent- scheidend sind die Wahlen 2017 in Frankreich und Deutschlan­d“, tönte Orbán in seiner Rede. „Weil wir die Probleme stets offen benannt haben, hat man Ungarn aus dem europäisch­en Mainstream verbannt“, sagte er. „Doch heute kann niemand mehr ausschließ­en, dass der europäisch­e Mainstream in ein paar Jahren dort verlaufen wird, wohin man Ungarn verbannt hat.“

Tatsächlic­h lockert sich die europäisch­e Isolation, die Orbán wegen des massiven Demokratie­abbaus seit 2010 umfangen hat. Am Dienstag besucht ihn Österreich­s Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) in Budapest. Schon unter dessen Vorgänger Werner Faymann vollzog die Wiener große Koalition eine Kehrtwende in der Flüchtling­spolitik. Laut Orbán soll beim Besuch Kerns die Entsendung österreich­ischer Polizisten an die ungarisch-serbische Grenze vereinbart werden.

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Foto: Reuters / Laszlo Balogh Der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán am vergangene­n Samstag bei seiner Rede vor 2000 Anhängern im rumänische­n Kurort Băile Tușnad.

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