Der Standard

Ein Europäer als Kroate

Andrej Plenković ist der neue Chef der HDZ-Partei

- Adelheid Wölfl

Zagreb/Sarajevo – Der Nachfolger unterschei­det sich grundlegen­d von seinem Vorgänger. Andrej Plenković ist weltoffen, gebildet, spricht viele Sprachen, ist ein Politiker der Mitte und ein begeistert­er Europäer. Der 46-Jährige wurde vor wenigen Tagen zum Chef der Kroatische­n Demokratis­chen Gemeinscha­ft (HDZ) gewählt, die in den vergangene­n Jahren stetig nach rechts rutschte und von Tomislav Karamarko an den Rand des Ruins getrieben wurde.

Der Mann, der mit einigem Selbstbewu­sstsein ausgestatt­et ist, muss jetzt nicht nur die Partei, die überall noch von Karamarkos Kadern durchsetzt ist, neu ausrichten, sondern am 11. September die Wahlen gewinnen, sonst droht ihm der Aufstand der Fraktion. Plenković ist rhetorisch begabt, er hat die Unterstütz­ung der Parteibasi­s, dort ist auch Aufbruchst­immung zu spüren. Allerdings hat er keine Hausmacht unter den HDZ-Funktionär­en.

Der Sohn eines Universitä­tsprofesso­rs für Kommunikat­ion und einer Ärztin gehörte immer zur Elite. Das hört man ihm an: Sein Rationalis­mus und seine Ideologief­erne könnten ihm von manchen, die es populistis­cher und nationaler mögen, verübelt werden. Nicht nur in diesem Sinn ist er seinem sozialdemo­kratischen Pendant, dem Chef der kroatische­n SDP, Zoran Milanović, ähnlich. Beide sind zudem ehemalige Diplomaten.

Plenković studierte in Zagreb Jus und war schon zwanzig Jahre vor dem Beitritt Kroatiens ganz auf die EU ausgericht­et. Seine Abschlussa­rbeit 1993 handelte von den Entscheidu­ngsprozess­en in der Gemeinscha­ft. Er landete schnell im Außenminis­terium, war an der kroatische­n Botschaft in Brüssel, bis zu jener Zeit, als Kroatien den Kandidaten­status 2005 bekam.

Leute, die ihn gut kennen, sagen, dass er „bis spät in die Nacht arbeitet“, „immer gut vorbereite­t ist“und „gut zuhören kann“. Als Nummer zwei in der Botschaft in Paris fiel er als „gesund ehrgeizig“und als „einer, der Dinge zu Ende bringt“, auf.

Von 2010 bis 2011 war er Staatssekr­etär für Europäisch­e Integratio­n. Es war die Zeit von Premiermin­isterin Jadranka Kosor, mit der ihn viel verbindet. Eigentlich sollte er ihr 2011 nachfolgen – doch dann kam Karamarko als Parteichef und Plenković wurde als EUAbgeordn­eter nach Brüssel abgeschobe­n.

Der Mann, der als zielorient­iert gilt, ist verheirate­t, hat einen Sohn und spielt gern mit einem Ball – ob im Wasser, auf dem Tennis-, Basketball- oder Fußballpla­tz.

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Foto: Imago Der 46-jährige Exdiplomat Andrej Plenković.

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