Bücher und soziales Engagement in der Josefstadt
Books4Life sammelt in der Wiener Josefstadt Bücher, die niemand mehr haben will, und verkauft sie billig weiter. Der Erlös geht an karitative Einrichtungen. So wollen die Mitarbeiter Armut bekämpfen und Leute zum Lesen anregen.
Wien – Der kleine Souterrainladen wirkt neben dem Schuhgeschäft, das auf großen Tischen seine Waren auf dem Gehsteig ausstellt, relativ unscheinbar. Ein Stuhl steht vor dem recht schmalen Stiegenabgang, darauf eine Bananenkiste, in der Bücher eng aneinander gequetscht sind. „Wühlkiste“, ist auf einem Schild aus braunem Karton zu lesen, jedes Buch daraus kostet nur einen Euro. Die Stufen hinab wartet ein kleiner Raum mit vollen Bücherregalen, aufgeteilt in Genres und sortiert nach Autoren. „Ich mag das englische Regal am liebsten“, sagt Viktoria Kalt. Auch die Kunden ziehe es an.
Kalt arbeitet neben dem Studium unentgeltlich als Shopleiterin im Books4Life-Laden in der Skodagasse. Das aus den Niederlanden stammende Prinzip des Geschäfts ist simpel: Leute sollen alte Bücher, statt sie wegzuwerfen, in den Laden bringen. Dort werden sie, je nach Abnutzung und Aktualität, um einen Preis zwischen 50 Cent und zwei Euro weiterverkauft. Der Erlös geht zu 90 Prozent an armutsbekämpfende Organisationen. Der Rest fällt in die Verwaltung des Ladens.
„Wir arbeiten mit zwei Organisationen fix zusammen: der Gruft und Amnesty International“, sagt Kalt.
Diese bekommen jährlich die Hälfte der Einnahmen, die zweite Hälfte geht heuer an das Häferl, eine Organisation, die sich um die Wiedereingliederung von Häftlingen in die Gesellschaft kümmert und an Deutsch ohne Grenzen. „Im Mai haben wir immer eine Vereinsversammlung, bei der wir besprechen, wer die beiden zusätzlichen Organisationen sind, für die wir spenden wollen.“
Die Wiener Ausgabe von Books4Life wurde 2012 gegründet, erzählt Julia Kalt, Viktorias große Schwester, die für das Marketing zuständig ist. „Am Anfang haben wir die Bücher in Kartons in der Wohnung aufbewahrt und haben sie auf dem Flohmarkt verkauft.“Nach einem Jahr zog Books4Life in den dritten Bezirk in ein Zwischennutzungsprojekt. Die Miete wurde durch Crowdfunding aufgebracht. Seit Juli 2015 ist der Laden in der Josefstadt.
„Unser Lager ist fast voll“, erzählt Julia Kalt. Die „Massen an Büchern“, die in den Laden gebracht wurden, seien zu viel für das kleine Geschäft geworden. Seither hängt eine Tafel an der Wand, auf die Kunden Post-its mit ihren Wünschen kleben können. Die Mitarbeiter von Books4Life suchen dann die Bücher. „Sonst rufen wir auf, uns Bücher zu bringen, wenn uns etwa ein bestimmtes Genre ausgeht“, sagt die Marketingbeauftragte.
Diese Vorgehensweise soll das Büchersammeln regulieren. „Es wirkt, als würde jeder seine Sachbücher wieder schnell loswerden wollen. Davon bekommen wir sehr viele.“
Auch sehr inaktuelle: Die UniBücher aus den 1970er-Jahren werden dann eher zum Basteln verwendet, etwa für die „Blinde Dates“, die an der Theke aufliegen. Das sind eingepackte, geschmückte Bücher, die um eine freie Spende erworben werden können. Einzig ein kurzer Satz, mit dem die Mitarbeiter die Bücher beschreiben, gibt einen kleinen Hinweis darauf, was sich unter der Verpackung befindet.
In Kontakt mit Empfängern
Mit den Empfängern der Spenden bleibt der Verein in Kontakt. So wurden etwa minderjährige Flüchtlinge, die von Deutsch ohne Grenzen unterstützt werden, ebenfalls zum Workshop eingeladen. Gemeinsam wurde das Buch Das kleine Ich-bin-Ich gelesen und über die eigene Identität geredet.
Aber auch sonst will der Verein sich engagieren: Derzeit läuft eine Kooperation mit der Lebenshilfe. Ein Klient der Einrichtung für Menschen mit Behinderung wurde etwa an den Buchladen vermittelt. Er hilft einmal pro Woche bei allem, was im Shop so anfällt. p Video zum sozialen Buchladen:
derStandard.at/Graetzelmacher