Steuerpolitik soll Wachstum fördern
Deutschland schlägt eine Finanztransaktionssteuer auf globaler Basis vor. Die meisten Finanzminister der G20 wollen sich jedoch im Bereich der Besteuerung mit engerer Kooperation und Datenaustausch begnügen.
Chengdu – Die G20-Gruppe der großen Schwellen- und Industrieländer sieht in der Steuerpolitik ein Mittel zur Förderung von dauerhaftem Wachstum. Einig waren sich die Finanzminister darüber, dass sie bei der Schaffung von Steuerregeln für grenzüberschreitende Geschäfte enger zusammenarbeiten müssen. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte darüber hinaus auf, die Steuerpolitik stärker dafür zu nutzen, Forschung und Entwicklung und damit Innovationen zu fördern.
Chinas Finanzminister Lou Jiwei nannte als ein Ziel faire und gleichwertige steuerliche Rahmenbedingungen in der Welt. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte: „Kein Land kann für sich allein eine verlässliche Besteuerung sicherstellen.“Gemeinsam müsse man international bessere Regeln für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft schaffen, die kaum nationale Grenzen kenne.
Schäuble schlug zudem eine weltweite Steuer auf Finanzgeschäfte vor. Hintergrund sind entsprechende Bemühungen einiger EU-Länder, die allerdings kurz vor dem Scheitern stehen. „Das geht eigentlich nur vernünftig auf globaler Ebene“, sagte Schäuble. Es sei nicht sehr überzeugend, dass die Mehrwertsteuer auf Waren erhoben wird, es aber für Finanzgeschäfte wie Börsentransaktionen nichts Entsprechendes gebe.
Über die Finanztransaktionssteuer wird seit Jahren auf europäischer und internationaler Ebene diskutiert, ohne dass sich dafür bisher viele Anhänger fanden. So zeigten in der Vergangenheit weder die USA noch Großbritannien mit seinem Finanzplatz London eine große Bereitschaft, eine solche Steuer mitzutragen. Schäuble räumte ein, es könne Jahre dauern, bis die von ihm vorgeschlagene Steuer, die auch von Österreich unterstützt wird, komme.
US-Finanzminister Jacob Lew und andere Minister sprachen sich für eine vertiefte Kooperation bei dem Austausch von Steuerdaten aus. Es müsse gemeinsame internationale Standards bei Steuerfragen geben, sagte Lew. Staaten müssten „kollektiv“gegen Nichtbesteuerung von Konzernen angehen.
„Als die grenzüberschreitenden Steuerregeln entwickelt wurden, basierten sie auf Konzepten, die Geografie und nationale Grenzen widerspiegelten“, sagte der USFinanzminister. Vieles davon sei heute durch den Fortschritt der Technologie „schwerer zu definieren“. Die Staaten sehen mit Sorge, dass viele Großkonzerne wie Google und Starbucks ihre Gewinne in Länder mit niedrigen Steuern verschieben und so ihre Abgaben deutlich reduzieren.
Brexit-Folgen bewältigbar
Gut aufgestellt sieht sich die G20-Gruppe, um die wirtschaftlichen Folgen des Brexit-Votums zu bewältigen. Mit möglichen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Konsequenzen der Entscheidung in Großbritannien könnten die Mitgliedsländer umgehen – und hoffen, dass Großbritannien auch künftig ein enger Partner der EU bleibe.
Aus Sorge vor negativen Folgen des Brexit-Votums hat der britische Finanzminister Philip Hammond für Herbst ein Konjunktur- programm in Aussicht gestellt. London werde im Herbst eine „fiskalische Antwort geben“, sagte er am Rande des Treffens. Die Verschlechterung der Stimmung in der britischen Wirtschaft zeige das Ausmaß der Unsicherheit, die das Brexit-Votum ausgelöst habe.
Italiens Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan sieht keine Ge- fahr einer Bankenkrise. „Italiens Bankensystem ist solide. Natürlich sind wir dabei, eine lange Rezession zu überwinden, die zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts gekostet hat“, sagte Padoan am Ende des Gipfels. Italien sei mit wenigen Problemfällen konfrontiert, für die man Lösungen entwickelt habe. (APA, Reuters, red)