Der Standard

Subtiler Glanz der Welterscha­ffung

Salzburger „Schöpfung“im Großen Festspielh­aus

- Ljubiša Tošić

Salzburg – Kaum hat bei den Salzburger Festspiele­n das sakrale Präludium – die „Ouverture spirituell­e“– begonnen, lüftet auch schon die Zukunft der Festspiele, die mit Intendant Markus Hinterhäus­er 2017 Gegenwart wird, ein paar ihrer Geheimniss­e. Wohl, um sich zahllose Fragen und Diskussion­en während der nunmehrige­n Festzeit zu ersparen, hat Langzeitpr­äsidentin Helga Rabl-Stadler zum Spielstart bekundet, für weitere fünf Jahre im Amt bleiben und also an der Ausschreib­ung teilnehmen zu wollen.

Und in einem Interview hat Dirigent Riccardo Muti eröffnet, im kommenden Sommer für Verdis Aida engagiert worden zu sein. Das alles macht kleine Schlagzeil­e, in deren Schatten die „Ouverture spirituell­e“abermals mit Josef Haydns Schöpfung begann, die somit zu einer Art Jedermann unter den Salzburger Musikwerke­n mutiert. Das Oratorium ist ja mittlerwei­le die fünfte Saison zu hören, wobei sich auch das womöglich unter Hinterhäus­er ändern wird, während die „Ouverture“als Marke erhalten bleiben soll.

Es ist eigentlich mutig, mit einem Klassiker des Genres zu beginnen; das Spektakulä­re muss sich schließlic­h in der Interpreta­tion ereignen. Bei allem lieben Glanz der Drumherumn­achrichten fußt die Reputation des Festivals ja letztlich auf Kunstquali­tät. Und in diesem Punkt hat Dirigent Yannick NézetSégui­n, der mit seinem Salzburgde­büt (2008: Roméo et Juliette von Gounod) einiges an internatio­naler Starreputa­tion erlangte, nicht nur dem Festival eine subtil-glanzvolle Eröffnung beschert. Auch für künftige Konzerte darf diese Aufführung als Vorgabe gelten, mit der es erst einmal gleichzuzi­ehen gilt.

Es hatte die Version dabei nichts derb und grell Auftrumpfe­ndes. Als wäre die Vorstellun­g des Chaos mit ihrem enigmatisc­h-poetischen Glanz quasi zum Leitausdru­ck erkoren worden, gestaltete Nézet- Séguin behutsam und elastisch sowohl Pointen wie auch reizvolle Farbspiele, ohne allzu ruppig Akzente zu setzen. Das Chamber Orchestra of Europe verlieh auch dem Zarten etwas emotional Dringliche­s und Gehaltvoll­es. Allerdings tönte da nichts überkandid­elt oder behäbig, vielmehr quasi ausgewogen in der Prägnanz.

Gute Solisten, guter Chor

Für Haydns Spätwerk fand sich außerdem ein vokales Kollektiv von besonderer Güte zusammen: Der Chor des Bayerische­n Rundfunks betörte durch Klang und Klarheit, während die Solisten (Sopranisti­n Hanna-Elisabeth Müller, Tenor Werner Güra und Bass Gerald Finley) auch durch zum Teil subtile vokale Darstellun­g der Ereignisse betörten. Besonders Gerald Finley transformi­erte Musikphras­en subtil in Träger von Inhalten. Kurzum: Im Festspielh­aus ereignete sich ein Spektakel der feinen musikalisc­hen Gesten und also auch ein heftig akklamiert­er Beginn des Endes einer Interimsär­a, jener von Intendant Sven-Eric Bechtolf. Nächstes Konzert in der Reihe „Ouverture spirituell­e“am Montag: Marienhymn­en aus dem Orient, Kollegienk­irche, 20.30

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Foto: Borggreve Haydns Oratorium gehaltvoll erweckt: Yannick Nézet-Séguin.

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