Rio mit Russland
Das IOC hat auf eine Sperre aller russischen Sportler bei den Olympischen Spielen in Rio (5. bis 21. August) verzichtet. Sportler, die ihren jeweiligen Weltverbänden glaubhaft machen, nicht in das Staatsdopingsystem involviert gewesen zu sein, dürfen an d
Lausanne – „Die Entscheidung wird sicher nicht jedem gefallen, aber es geht um Gerechtigkeit. Die Entscheidung respektiert das Recht eines jeden sauberen Athleten auf der ganzen Welt.“So hat IOC-Präsident Thomas Bach den IOC-Beschluss begründet, Russland nicht von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (ab 5. August) auszuschließen. „Die Botschaft ist eindeutig. Es wird eine Gesamtverantwortung angenommen angesichts der üblen Anschuldigungen, aber es soll auch eine Ermutigung für alle sauberen Athleten sein. Man kann im russischen Sport ein Vorbild sein, wenn man sauber ist.“
Das IOC reagierte – oder reagierte nicht, wie Kritiker meinen – auf die Ergebnisse des McLaren-Reports, der am vergangenen Montag enthüllt hatte, dass es in Russland „mindestens von Ende 2011 bis August 2015“ein staatlich organisiertes und überwachtes Dopingsystem gegeben habe. Bach: „Die IOC-Exekutive stand vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Wir mussten die Konsequenzen aus dem McLaren-Report ziehen. Wir mussten dabei die Balance finden zwischen der Gesamtverantwortung und dem Recht des Einzelnen, um jedem Athleten gerecht zu werden. Jeder muss die Chance haben, auf die Anschuldigungen zu reagieren, es gilt die Unschuldsvermutung. Deswegen haben wir strenge Kriterien entworfen, die jeder russische Sportler erfüllen muss, wenn er an den Spielen teilnehmen will.“
Für die russischen Leichtathleten, die von ihrem Weltverband (IAAF) gesperrt worden sind und dagegen vergeblich beim Sportgerichtshof (CAS) beriefen, kommt die IOC-Linie allerdings zu spät. Allein in einem Punkt hat das IOC die IAAF overrult. Julia Stepanowa, die als Whistleblowerin die Aufdeckung des russischen Staatsdopingsystems mit ins Rollen gebracht hatte, darf nicht in Rio starten.
Stepanowa nicht dabei
Zwar „begrüßt die Ethikkommission Stepanowas Beitrag zum Anti-Doping-Kampf“– da sie aber selbst mindestens fünf Jahre Teil des Systems gewesen sei, „erfüllt sie nicht die ethischen Anforderungen an einen olympischen Athleten“. Das IOC führte weiter aus, man sei „dankbar für ihr Engagement, deshalb laden wir sie und ihren Ehemann ein, in Rio Gäste des IOC zu sein. Wir zeigen damit, dass wir bereit sind, sie zu unterstützen“. Der Chef der österreichischen Anti-Doping-Agentur (Nada), Michael Cepic, nennt Stepanowas Ausschluss „fast skandalös“. Der Präsident der deutschen Leichtathleten, Clemens Prokop, schloss sich an: „Hier hat das IOC die Chance verpasst, ein Zeichen zu setzen.“
Die IOC-Entscheidung ist auch ein Affront gegen den weltweiten Anti-Doping-Kampf. Die Wada hatte eine Sperre ohne Wenn und Aber gefordert, 14 nationale Agenturen, darunter die österreichische und die deutsche, verlangten einen kompletten Bann mit strengen Ausnahmeregelungen und einen Start nur unter neutraler Flagge. Beiden Forderungen kamen Bach und seine 14 Kolleginnen und Kollegen im Exekutivkomitee nicht nach.
Russlands Sportminister Witali Mutko ist sich jedenfalls bereits sicher, dass die „Mehrheit“der infrage kommenden russischen Sportler in Rio antreten werde. Am Sonntag sagte Mutko: „Unsere Mannschaft nimmt an den Spielen teil. Ich hoffe, wir werden uns über Siege.“Die von der IOC-Exekutive festgelegten Kriterien bezeichnete Mutko als „Herausforderung für unsere Mannschaft“. Andererseits. Ich kann sagen, dass die meisten diese Anforderungen erfüllen.“(sid, APA, ab, fri)