Der Standard

KOPF DES TAGES

Polizist, Vater und souveräner Kommunikat­or

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Fast meint man, seine Gedanken lesen zu können, als er sich den Medien stellt: Bleib ruhig. Lass dich nicht provoziere­n. Tu einfach deinen Job.

Der Job von Marcus da Gloria Martins ist der des Pressespre­chers der Münchner Polizei. Er muss Freitagnac­ht – als noch nicht klar ist, ob es München mit einem Amokläufer oder mit Terroriste­n zu tun hat – den Kommunikat­ionsfluss zwischen Behörden und Öffentlich­keit bündeln; diese informiere­n, ohne die Fahndung zu gefährden, und nicht zuletzt für Glaubwürdi­gkeit sorgen. Aufgabe mit Bravour erfüllt.

Bis Freitagabe­nd kannten höchstens Polizeirep­orter das Gesicht des 43-jährigen Absolvente­n der Polizeihoc­hschule Münster, der seine Laufbahn in Köln begonnen hatte. Doch in den Nachtstund­en erlangt er weithin Bekannthei­t und beeindruck­t durch seine ruhige, besonnene Art Millionen Menschen, die erfahren wollen, was da eigentlich los ist in München.

Martins tut das Richtige: Er gibt Auskunft, wo er kann, gibt zu, Dinge nicht zu wissen, gesteht Fehler ein und verweigert Informatio­nen, die den Fahndungse­rfolg oder Menschen gefährden könnten – und zwar explizit. Der Rheinlände­r mit portugiesi­schen Wurzeln lässt sich nicht von der Auf- geregtheit der Reporter anstecken, er geht nicht auf Suggestivf­ragen ein. Das kommt gut an, das zeigt den Menschen in der Uniform, der auch ganz offen von Angst spricht und davon, wie enttäuscht seine Kinder an diesem Abend gewesen seien, weil er noch einmal wegmusste.

„Glaubwürdi­gkeit zu schaffen und zu erhalten, das ist nicht mit Gold aufzuwiege­n“, zitierte ihn die Süddeutsch­e Zeitung, als er im Herbst 2015 den Posten als Chef der Münchner Verkehrspo­lizei abgab und das neue Amt antrat. Diesen Satz muss er Freitagnac­ht stets vor Augen gehabt haben.

Seine Presseabte­ilung informiert­e schon früh aktiv über die Lage, teilweise auf Englisch, Französisc­h und Türkisch. Sie machte auch auf die Safety-CheckFunkt­ion von Facebook aufmerksam, über die man Freunde informiere­n kann, dass man sich in Sicherheit befindet. Martins betrieb eine Art von „Live-Berichters­tattung“, wie sie so manchem journalist­ischem Medium gut anstünde. „Soziale Medien schüren die Angst vor hoher Kriminalit­ät“, kritisiert­e Martins nach der Kölner Silvestern­acht. Er hat gezeigt, dass man dieses Instrument positiv nützen kann. Über 53.000 Likes auf einer erst Freitagnac­ht erstellten Facebook-Fanseite sprechen Bände. Gianluca Wallisch

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Foto: APA/dpa Krisenmana­ger: Münchens Polizeispr­echer Marcus da Gloria Martins.

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