Der Standard

Not am Arzt: Wiener Mediziner stimmen über Streik ab

Einmal mehr droht der Streit zwischen den Ärzten der Gemeindesp­itäler und dem Krankenans­taltenverb­und zu eskalieren. Die Kammer lässt Kampfmaßna­hmen abfragen, der Dienstgebe­r versteht die Aufregung nicht und vermutet andere Motive hinter der Mobilmachu­ng.

- Marie-Theres Egyed

Wien – Bei den Wiener Ärzten steigt der Unmut. Die Wiener Kammer will die 3000 Mediziner der Gemeindesp­itäler ab Freitag über einen Streik abstimmen lassen. Bis 21. August sollen sie kundtun, ob und in welcher Form es Kampfmaßna­hmen geben soll.

Grund für die verschärft­e Gangart ist ein erneuter Streit zwischen Ärzten und ihrem Arbeitgebe­r, dem Krankenans­taltenverb­und (KAV). Anfang Juli wurde bekannt, dass wienweit ab Herbst 40 Nachtdiens­te reduziert werden und das Schichtdie­nstmodell mit 12,5 Stunden auf alle Stationen ausgeweite­t wird. Das hat den alten Konflikt aufleben lassen: Die Kammer spricht von Vertragsbr­uch, was der KAV zurückweis­t.

Für Personalve­rtreter Wolfgang Weismüller hat die Ankündigun­g der Nachtdiens­treduktion das „Fass zum Überlaufen“gebracht. Der KAV sei über die Ärzte „autoritär drübergefa­hren“, die vereinbart­e Einbindung, für die Monitoring­gruppen geschaffen wurden, sei nicht erfolgt, sagt er im STANDARD- Gespräch. Stimmt nicht, sagt der KAV und verweist auf Gespräche. Der Dienstgebe­r sieht sich in den Wahlkampf der Standesver­tretung hineingezo­gen – die Ärzte wählen im Frühjahr.

Bereits im Vorjahr wurde eine Neuorganis­ation der Dienste beschlosse­n. Die zulässige Höchstarbe­itszeit pro Woche wurde österreich­weit für alle Spitalsärz­te auf 48 Stunden beschränkt – zuvor waren in Wien bis zu 55 Stunden erlaubt. Ärztekamme­r und KAV einigten sich, das Grundgehal­t der Ärzte stieg, der Spitalsbet­rieb sollte aber umorganisi­ert werden, damit weniger Nachtdiens­te benötigt werden. Zentrale Notaufnahm­en, um Stationen zu entlasten, und Einbindung des niedergela­ssenen Bereichs sind Teil der Vereinbaru­ng.

Ärztekamme­rpräsident Thomas Szekeres vermisst die Umsetzung der Maßnahmen. Damit diene die Reform nur dazu, Geld einzuspare­n, sagt er dem STANDARD. Der KAV verweist in einer Stellungna­hme darauf, dass es nicht vorgesehen war, erst dann Nachtdiens­te zu streichen, wenn die Begleitmaß­nahmen umgesetzt seien. Für Ärztevertr­eter Weismüller funktionie­rt das nicht. Er fürchtet, dass der Betrieb nicht mehr aufrechter­halten werden kann. Denn durch die neuen Dienstzeit­en arbeitet jeder Arzt ein Drittel weniger als zuvor, damit fehlen 1000 Vollzeitst­ellen. „Die Verzweiflu­ng bei den Kollegen steigt“, sagt er.

Als Personalve­rtreter hatte er einer elektronis­chen Evaluierun­g der Nachtdiens­te auf bestimmten Stationen zugestimmt. Sie sollte ab Herbst durchgefüh­rt werden, um Arbeitsbel­astung zu dokumentie­ren und bessere Abläufe zu schaffen. Weismüller bezweifelt aber, dass an diesem Plan festgehalt­en werde. Der KAV habe bereits dieser Entscheidu­ng vorgegriff­en.

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Die Ärztekamme­r mobilisier­t gegen die Kürzung von Nachtdiens­ten an Gemeindesp­itälern. Ab Freitag wird über Streik abgestimmt.

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