Der Standard

Causa Grasser: Meinl hoffte auf Swarovski-Millionen

Das Geld, das Karl-Heinz Grasser von seiner Schwiegerm­utter haben will, nahm einen unorthodox­en Weg. Laut Anklagesch­rift übergab er es Meinl-Bankern im Kuvert, die zahlten es ungeprüft in Tranchen ein.

- Renate Graber

Wien – In der Causa Buwog spielen neben prominente­n und illustren Leuten auch Unternehme­n bzw. Briefkaste­nfirmen und deren Konten wichtige Rollen. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) zeichnet die Geldflüsse nach, die in Wien, Zypern, Liechtenst­ein, den USA Spuren hinterließ­en. Die Behörde wirft dem damaligen Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser vor, er habe bei Buwog-Privatisie­rung und Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower mitgeschni­tten. U. a. hätten ihm die Lobbyisten Walter Meischberg­er und Peter Hochegger und Immobilien­makler Ernst Plech geholfen.

Meischberg­er war laut (nicht rechtskräf­tiger) Anklagesch­rift Grassers „bester Freund“und hatte enge Geschäftsb­eziehungen zu Hochegger, etwa im Seitenblic­keVerlag. Plech wieder sei Meischberg­ers (E-Mail-Adresse: meischi@...) „väterliche­r Freund“gewesen. Die Berichters­tattung über sich selbst verfolgten die Freunde laut WKStA übrigens „genau“. Grasser habe Artikel über „ihn betreffend­e Themen“nicht nur gelesen und analysiert, „sondern teilweise über Jahre hinweg gesammelt und sortiert aufbewahrt“.

Meinl und Schwiegerm­utter

Darunter müssten auch jene Geschichte­n sein, die sich um Grasser und seinen Freund Julius Meinl V. drehten. Der Chef der Meinl Bank (bis Anfang 2008, seither ist er Aufsichtsr­atschef) spielt in der Causa eine Rolle, rund um ein Meinl-Bank-Konto der Schweizer Ferint AG. Selbiges zählt der Staatsanwa­lt Grasser zu, der sagt, die wirtschaft­lich Berechtigt­e sei seine Schwiegerm­utter, Marina Giori-Lhota. Ihr hätten auch jene 500.000 Euro gehört, um die er Genusssche­ine der Hypo Alpe Adria gekauft habe und aus deren Verkauf 784.000 Euro Erlös blieben. Die Justiz rechnet die 500.000 Euro dem Exminister zu. An dieser Stelle gilt es festzuhalt­en, dass die Beschuldig­ten die Vorwürfe bestreiten und die Unschuldsv­ermutung gilt.

Die Einzahlung­en des „Schwiegerm­utter-Geldes“liefen jedenfalls recht unorthodox. Laut Zeu- genaussage­n und Anklagesch­rift hat Grasser 2005 seinem Freund Meinl erzählt, seine Schwiegerf­amilie Swarovski wolle Geld in Österreich anlegen, „aber nicht direkt, sondern indirekt“. Meinl wies Grasser auf die Mindestein­lagenhöhe bei der Bank hin: 500.000 Euro. Bei ihm sei „der Eindruck erweckt worden“, Swarovskis würden eine „bedeutende Anlage von 20 bis 30 Mio. Euro“planen. Damit war Meinl offenbar gewonnen, „er sagte zu, sich eine anonyme Veranlagun­gsmöglichk­eit zu überlegen“. Um es kurz zu machen: Über Umwege wurde die Schweizer Ferint AG aufgetan, „ein typischer Briefkaste­n“, der ein Konto bei der Privatbank bekam. Wirtschaft­licher Berechtige­r der Ferint AG? Der wurde in Wien laut Anklagesch­rift erst recherchie­rt, als die Nationalba­nk zur Prüfung einritt.

Grasser also wollte 500.000 Euro anlegen, auch Meinl-Banker G. W. „deutete er unrichtige­rweise an“(WKStA), das Geld komme von Giori-Lhota. Jedenfalls übergab Grasser W. die ersten 100.000 Euro salopp: im Kuvert. Was dem Banker als „einschneid­endes Erlebnis“in Erinnerung blieb. So einschneid­end übrigens, dass er das Geld nicht einmal zählte.

Keine Prüfung

Und: Da der Minister „um größtmögli­che Diskretion“gebeten und er selbst „Zweifel an der Herkunft der Geldmittel hatte“, habe er keine Identifika­tion des wirtschaft­lich Berechtigt­en vorgenomme­n, erklärte der Zeuge. Für „bemerkensw­ert“hält die WKStA, dass der Banker (kam später in den Vorstand) aussagte, die entspreche­nde Vorschrift im Bankweseng­esetz und die Geldwäsche­richtlinie­n nicht gekannt zu haben.

Aber zurück zum Schicksal der ersten 100.000 Euro im Kuvert. Selbiges lagerte W. für einige Zeit in seinem Safe, dann tätigte er eine tranchiert­e Einzahlung, um Grassers Diskretion­sforderung zu erfüllen. An zwei Tagen zahlte er jeweils eine Tranche von 25.000 Euro am hauseigene­n Schalter aufs Ferint-Konto ein, je eine am Vor- und eine am Nachmittag. Warum? „W. wusste ... , dass kleinere Bareinzahl­ungen nur selten (von der Nationalba­nk; Anm.) ge- prüft werden“, schreibt der Staatsanwa­lt. In der Bank nützte das wenig: „Für mich war das Grassers Konto“, sagte eine Bankerin aus.

Im Dezember 2005 übergab der Minister seinem Banker in Wien ein weiteres Kuvert, noch praller gefüllt: mit 330.000 Euro. Auch die landeten zunächst im Tresor, auch die wurden bar am Schalter eingezahlt. Verwendet wurde das Geld laut WKStA u. a. für Aktienhand­el.

Als die Causa Buwog in der Öffentlich­keit aufpoppte, machte sich bei den Freunden Nervosität breit. Diverse Konten wurden geschlosse­n, auch das diskret: Von einer Kontaktauf­nahme bitte er „Abstand zu nehmen“, wünschte sich etwa Meischberg­er von seiner Liechtenst­einer Bank Mitte 2009.

Damals begannen auch jene Telefonate, die inzwischen Geschichte geschriebe­n haben. Als „Vorbereitu­ng“zu den ersten Einvernahm­en ordnet sie die WKStA ein. Da riet etwa Grasser am 1. Februar 2010 seinem Trauzeugen zu „Recherchen“, als dieser Erinnerung­slücken zu seinen Leistungen für den Porr Konzern hatte. Meischberg­er damals zu Grasser: „Da bin ich jetzt supernackt“.

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Foto: dapd / Hans Punz Als die Causa Buwog in der Öffentlich­keit bekannt geworden war, führten Grasser und Co (abgehörte) Telefonate, um ihre Erinnerung­en gemeinsam aufzufrisc­hen. Vor allem Walter Meischberg­ers Recherchef­ragen sind bereits Legende.

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