Yahoo wird zur Hülle ohne Fülle
Verizon kauft operatives Geschäft des Internetpioniers um fast fünf Milliarden Dollar
Sunnyvale / New York – Mit Wehmut werden sich die Gründer des Internetpioniers Yahoo wohl an die stürmischen 1990er-Jahre erinnern. Nachdem Jerry Yang und David Filo die damals führende Suchmaschine 1996 an die Börse gebracht hatten, gipfelte ihr Wert zur Jahrtausendwende bei mehr als 120 Milliarden Dollar – bevor ein quälend langer Niedergang einsetzte. Heuer zog Chefin Marissa Mayer nach Milliardenverlusten die Reißleine und kündigte den Verkauf an: Nun wandert das operative Geschäft zum Telekomriesen Verizon, der dafür bloß 4,8 Milliarden Dollar lockermacht.
Dazwischen lag eine Serie an Versäumnissen und Fehlschlägen, ohne die sich die Internetlandschaft heute wohl grundlegend anders gestalten würde. Da es Yahoo verpasst hatte, ihre ähnlich dem Branchenverzeichnis eines Telefonbuchs gestaltete Suchmaschine auf ein Inhalte erfassendes und von Algorithmen gesteuertes System wie Google umzustellen, sollten Übernahmen dieses Versäumnis ausbügeln.
Abgelehnte Kaufangebote
Doch ein drei Milliarden Dollar schweres Kaufangebot für Google wurde 2002 ebenso abgeschmettert wie der vier Jahre später erfolgte Versuch, Facebook um eine Milliarde zu übernehmen. Im Gegenzug ließ Mitbegründer Yang, zwischenzeitlich wieder im Chefsessel, Microsoft 2008 mit einer 45 Milliarden Dollar schweren Offerte für Yahoo abblitzen.
Eine Finanzkrise und mehrere Topmanager später übernahm die ehemalige Google-Managerin Mayer das Ruder, ohne jedoch Yahoo wieder auf die Überholspur führen zu können. Nach dem Verkauf des operativen Geschäfts bleibt von der einstigen Branchengröße nur eine Hülle mit Beteiligungen an Yahoo Japan und dem chinesischen Onlinehändler Alibaba.
Für Verizon ist die Übernahme der zweite Streich beim Versuch in der digitalen Werbelandschaft Fuß zu fassen, nachdem im Vorjahr bereits 4,4 Milliarden Dollar für AOL lockergemacht wurden – ebenfalls einen gefallenen Engel des Internethypes der 1990er-Jahre. Aber selbst nach dem YahooDeal kommt Verizon nur auf einen Marktanteil in den USA von unter fünf Prozent. Den Ton geben weiter Google mit 36 und Facebook mit 17 Prozent an.
Während Analyst Jonathan Chaplin von New Street Research den Versuch, mit Google und Facebook mitzuhalten, als „lächerlich“einstuft, gibt Professorin Rosabeth Kanter von der Harvard Business School gegenüber Bloomberg zu bedenken, dass selbst Google irgendwann an Grenzen stößt: „Keiner bleibt für ewig an der Spitze.“Aber das sollte man bei Yahoo inzwischen ohnedies wissen. (aha)