Der Standard

„Krone“-Foto: 17 Polizisten im Visier der Ermittlung­en

Ein Bild mit toten Flüchtling­en hat ein Nachspiel

- Oliver Mark

Wien – „Pietätlos“war noch einer der harmlosere­n Ausdrücke, mit denen Leser auf den Abdruck eines Fotos auf Seite drei in der Kronen Zeitung vom 28. August 2015 reagierten. Zu sehen waren zusammenge­pferchte tote Flüchtling­e. Unverpixel­t. Die Leichen wurden in einem Lkw auf der Ostautobah­n gefunden. Zugespielt wurde der Krone das Foto aus Polizeikre­isen. Wie das Bild am Tag des Flüchtling­sdramas mit 71 Toten in die Hände der Zeitung kam und ob dabei etwa Geld floss, ist noch Gegenstand der Ermittlung­en. Denn auch rund ein Jahr später ist die Causa noch nicht vom Tisch. Ermittelt wird gegen insgesamt 17 Polizisten, das sagte Roland Koch von der Staatsanwa­ltschaft Eisenstadt dem STANDARD.

Strafmaß: Drei Jahre

Als Delikt steht Verletzung des Amtsgeheim­nisses im Raum, was mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. „Untersucht wird nur, ob es ein strafrecht­lich relevantes Verhalten gibt und ob dies nachweisba­r ist“, so Koch. Etwaige disziplinä­re Maßnahmen seien dann Sache der Polizei.

Die Ermittlung­en sollen in den nächsten Monaten abgeschlos­sen werden. An ein mögliches Strafverfa­hren anknüpfen könnten in- terne Maßnahmen der Polizei wie ein Disziplina­rverfahren, sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenminis­teriums, dem STANDARD.

Nach der Veröffentl­ichung des Fotos hatte die Kronen Zeitung das Bild auch noch anderen Medien verkauft. Gedruckt wurde es beispielsw­eise in der deutschen BildZeitun­g. Laut Krone wurde die Summe aus dem Verkauf verdoppelt und an die Flüchtling­sbetreuung gespendet.

Rüge durch den Presserat

Das Krone- Foto führte mit 180 Mitteilung­en zu einer Beschwerde­flut beim Österreich­ischen Presserat. Das Selbstkont­rollorgan rügte das Medium wegen Missachtun­g der Menschenwü­rde der Verstorben­en. Im Gegensatz dazu steht das Urteil des Deutschen Presserats, der in der Veröffentl­ichung keinen Verstoß gegen den Ehrenkodex der Presse sah.

Das Foto mit den toten Flüchtling­en ist nur ein Beispiel für die Allianz zwischen der Kronen Zeitung und Kreisen der Exekutive. So fand Anfang des Jahres etwa eine Razzia der Polizei in Justizanst­alten im Beisein der Krone statt. Ende 2014 war die Zeitung bei einer Terrorrazz­ia vor Ort. Auf krone.at wählen User jährlich den „Polizisten des Jahres“. p derStandar­d.at/Etat

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