Der Standard

Das frühe Leben liebte es heiß

Wo und wann sind die ersten Einzeller aufgetauch­t, aus denen dann alles weitere Leben entstand? Deutsche Forscher haben die genetische Uhr zurückgedr­eht und gehen davon aus, dass die ersten Mikroben auf dem Meeresgrun­d lebten, ohne Sonnenlich­t und Sauerst

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Düsseldorf/Wien – In der Wissenscha­ft heißt die Urform aller Lebewesen schlicht Luca. Das Akronym steht für Last Universal Common Ancestor, aus dem sich der Theorie nach alle heute existieren­den Bakterien, Pilze, Pflanzen und Tiere und letztlich auch der Mensch entwickelt­en.

Wo und wie der Einzeller gelebt hat und wie er entstanden ist, beschäftig­t Forscher nach wie vor. Zumindest auf die ersten beiden Fragen gibt es nun eine Antwort. Und diese sei, so meint etwa Dieter Braun (Uni München), der an der Studie nicht beteiligt war, die solideste, die es bisher gibt.

Für ihre Studie suchten Mikrobiolo­gen um William Martin (Uni Düsseldorf) nach den möglichen Ursprungsg­enen von Luca. Dabei stützten sich die Forscher anders als bei bisherigen Forschungs­ansätzen nicht nur auf das Erbgut, das allen Zellen gemeinsam ist, sondern auch auf jenes, das sie unterschei­det.

Quellen mit 100 Grad Celsius

Auf diese Weise wurden aus rund sechs Millionen Proteingru­ppen schließlic­h 355 ermittelt, aus denen die neuen Aufschlüss­e gewonnen wurden. Laut den mehrere Jahre lang dauernden Rekon- struktione­n, deren Ergebnisse im Fachblatt Nature Microbiolo­gy veröffentl­icht wurden, gediehen die allererste­n Einzeller vor rund 3,8 Milliarden Jahren bei Temperatur­en um 100 Grad Celsius in Hydrotherm­alquellen in der Tiefsee.

Seinen Energiebed­arf deckte Luca aus einfachen chemischen Reaktionen und ohne Hilfe von Sonnenlich­t. Die Autoren fanden auch Hinweise darauf, dass Luca Metalle wie Eisen und Nickel sowie andere Elemente wie Schwefel und Selen für den Stoffwechs­el brauchte.

Unmittelba­re Verwandte von Luca seien Methanogen­e (Methanbild­ner) und Acetogene (Essigsäure­bildner). „Diese Einzeller leben genau dort, wo Luca gelebt hat“, so Martin. Auch sie würden Hydrotherm­alquellen besiedeln, etwa im Gebiet Lost City im Atlantik. Und dort dürfte auch das Leben entstanden sein. (red, dpa)

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Eine Hydrotherm­alquelle in den Tiefen des Meeres: Dort tauchten laut einer neuen Studie vor rund 3,8 Milliarden Jahren die ersten Einzeller auf, die bei 100 Grad Celsius und ohne Sauerstoff gediehen.

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