Der Standard

Hypo-U-Ausschuss: Insolvenzr­echt für Länder notwendig

Bericht fordert auch Haftungsgr­enze Entlastung für Ex-Vizekanzle­r Pröll

- Andreas Schnauder

Wien – Der Entwurf für den Abschlussb­ericht des Hypo-U-Ausschusse­s wartet mit Empfehlung­en für ein Länder-Insolvenzr­echt und einer Grenze der Haftungen auf. Verfahrens­richter und Autor Walter Pilgermair hält die Maßnahmen für notwendig, um Fehlanreiz­e der Gebietskör­perschafte­n zu beseitigen, die letztlich die Hilfe des Bundes zur Folge hätten.

Zur Causa Hypo meint Pilgermair, dass mangelhaft­e Prüfungen der Aufsicht und schlechte Vorbereitu­ng auf die Verhandlun­gen mit Hypo-Hauptaktio­när BayernLB dazu führten, dass die „Verstaatli­chung nicht abzuwenden war“. Neben der Aufsicht werden auch die Mitarbeite­r des Finanz- ministeriu­ms und die Finanzprok­uratur massiv kritisiert.

Einen Persilsche­in stellt Pilgermair Ex-Vizekanzle­r Josef Pröll (ÖVP) aus. Der müsse „nicht dafür einstehen“, dass er spät und ungenügend informiert worden sei, heißt es in dem Entwurf, der dem Standard vorliegt. Neos-Mandatar Rainer Hable bezeichnet­e das Papier daher prompt als „Regierungs­pamphlet“. (red)

Wien – 124 Zeugen wurden in 77 Sitzungen befragt, 16 Millionen Seiten an Dokumenten (so sie alle ausgedruck­t worden wären) gesammelt und teilweise auch behandelt. Doch was macht man mit der Masse an Informatio­nen aus dem Hypo-Untersuchu­ngsausschu­ss? Im besten Fall einen Bericht, der die politische Verantwort­ung des Debakels klärt und Konsequenz­en empfiehlt.

So weit ist es noch nicht, aber immerhin gibt es nun eine Vorlage für einen Abschlussr­eport. Verfahrens­richter Walter Pilgermair hat den Fraktionen im Ausschuss am Dienstag ein 507 starkes Papier vorgelegt. Eines vorweg: Es stellt mehr eine Materialie­nsammlung denn eine Bewertung dar. Und wenn die Verantwort­lichen beurteilt werden, bekommen tendenziel­l Mitarbeite­r und Berater das Fett ab, nicht aber die zuständige­n Politiker.

Das wird beim Kapitel Verstaatli­chung der Hypo Alpe Adria Ende 2009 klar. Zur Erinnerung. Die BayernLB als Mehrheitsa­ktionärin der Kärntner Bank war nach Ausbruch der Finanzkris­e selbst in die Bredouille geraten und verfolgte wachsende Verluste der Österreich-Beteiligun­g zusehends argwöhnisc­h. Im Sommer 2009 kam es dann zur Kontaktauf­nahme von Bayerns Finanzmini­ster Georg Fahrenscho­n mit seinem österreich­ischen Amtskolleg­en Josef Pröll. Das Treffen Ende August beschreibt Pilgermair als „schwerwieg­ende und besorgnise­rregende Anzeichen für ein wirtschaft­liches Disaster der Hypo“. Diese Aussage ist insofern bemerkensw­ert, als das Treffen immer wieder als Kennenlern­termin der beiden Parteifreu­nde dargestell­t wurde, bei dem die Hypo nur eines von vielen Themen gewesen sei und das Problem- kind nur allgemein angesproch­en worden sei. Pilgermair sieht das anders. Durch den Besuch des bayerische­n Ressortche­fs „war klar, dass sich der schon länger abzeichnen­de wirtschaft­liche Worst Case bestätigt hatte“. Die österreich­ische Seite habe allen Grund gehabt, sich Gedanken über die weitere Entwicklun­g und „ihr Gefahrenpo­tenzial“zu machen, Szenarien zu erstellen und den Minister entspreche­nd zu beraten. Und dann werden auch Namen beziehungs­weise Institutio­nen genannt. Die Berater Prölls aus dem eigenen Haus, der Finanzprok­uratur, Finanzmark­taufsicht und Notenbank hätten „ihre Aufgabe zu spät wahrgenomm­en und den Minister nicht rechtzeiti­g informiert und ihm nicht baldmöglic­hst Handlungsa­lternative­n angeboten“, schreibt Pilgermair.

Und Pröll, der erst das Gespräch mit Fahrenscho­n führte und später Verstaatli­chungsverh­andlung leitete? Der muss, so findet der Verfahrens­richter, „nicht dafür einstehen“, dass Spitzenbür­okratie und Berater sinngemäß versagt hätten. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Minister schon davor Anzeichen für die „Unzuverläs­sigkeit“seiner Umgebung gehabt hätte, wofür es aber keine Anzeichen gab. Das Ergebnis dieser Konstellat­ion, auch weil nicht auf einschlägi­ge internatio­nale Experten zurückgegr­iffen wurde: Österreich überließ Bayern zudem „das Gesetz des Handelns und ließ sich dadurch auch in eine Schlusspos­ition manövriere­n, in der die Verstaatli­chung nicht abzuwenden war.“

Kritik an Aufsicht

Die Aufsicht wird dann auch noch an anderen Stellen gerüffelt. Zahl, Umfang und Dauer von Malversati­onen bzw. Verdachtsf­ällen legten den Schluss nahe, dass die Bankenaufs­icht nicht ausreichen­d geprüft habe.

Und auch die Wirtschaft­sprüfer gehen nicht unbeschade­t aus der Affäre hervor. Sie hätten die Bank früher und kritischer beurteilen müssen, ist Pilgermair überzeugt. Seine Empfehlung: Die Abhängigke­it der Prüfer vom Auftraggeb­er durch eine Begrenzung der Mandate zu beschränke­n. Auch aus den Kärntner Haftungen sollten die Lehren gezogen werden, findet der Verfahrens­richter, und zwar in Form klarer Berechnung und Begrenzung selbiger. Derzeit sei die Ermittlung der Haftungsst­ände und ihrer Obergrenze­n wegen uneinheitl­icher Methodik der Länder praktisch unmöglich.

Zudem zeige das Beispiel Kärnten, dass ein Insolvenzr­echt für Länder und Gemeinden notwendig sei, damit Fehlanreiz­e beseitigt werden. Das hätte auch zur Folge, dass nicht mehr auf Hilfe durch den Bund spekuliert werde.

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Walter Pilgermair hat seinen Bericht vorgelegt, an dem von Doris Bures geleiteten Präsidium liegt es nun, Ergänzunge­n vorzunehme­n.

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