Der Standard

Sarkozy hat Chancen

Er war abgewählt, abgehalfte­rt, vielerorts bereits abgeschrie­ben. Jetzt steigt Frankreich­s Expräsiden­t Nicolas Sarkozy erneut ins Rennen um die Präsidents­chaft ein. Seine Aussichten bessern sich.

- Stefan Brändle aus Paris

Frankreich­s Ex-Präsident Nicolas Sarkozy holt gegenüber seinem parteiinte­rnen Rivalen Alain Juppé auf, sagen Beobachter.

Überrasche­nd ist nur die Methode: Nicolas Sarkozy verkündet seine Bewerbung für das höchste Amt im Staat auf der Rückseite seines am Mittwoch erscheinen­den Buches Tout pour la France (Alles für Frankreich). „Ich habe beschlosse­n, Kandidat für die Präsidents­chaftswahl 2017 zu sein“, führt das frühere Staatsober­haupt (2007 bis 2012) dort aus. „Frankreich verlangt, dass man ihm alles gibt. Ich habe gespürt, dass ich die Kraft habe, diesen Kampf in einem so bewegten Augenblick unserer Geschichte zu führen“, fügt er in Anspielung auf die Terroransc­hläge und die Dauerwirts­chaftskris­e des Landes an.

Was Sarkozy aber vor allem spürt oder zu spüren glaubt, ist ein Stimmungsw­andel in der französisc­hen Rechtsoppo­sition. Seine frühere Aura hatte gelitten, und im Frühjahr bremste ein neues Strafverfa­hren wegen Überschrei­tung der Wahlkampfa­usgaben seine Pläne. Doch jetzt scheint es, dass die Anklage in den nächsten acht Monaten nicht bereit sein wird – bis zum Wahltermin also.

Zudem verliert Sarkozys härtester Widersache­r Alain Juppé (71), der sich zum klaren Favoriten der Républicai­ns gemausert hatte, an Boden. Sarkozy (61) liegt neuerdings nur noch knapp hinter dem politisch gemäßigten Premiermin­ister von 1995 bis 1997.

Und wer die Kandidatur der konservati­ven Republikan­er gewinnt, hat die besten Aussichten, im Mai 2017 in den Elysée-Palast einzuziehe­n: Die Linke ist zer- splittert und ihr Präsident François Hollande weiterhin sehr unpopulär; und rechts von den Republikan­ern werden der Populistin Marine Le Pen kaum Chancen eingeräumt, die Stichwahl gegen einen konservati­ven Frontrunne­r – wer auch immer das sein wird – zu gewinnen.

Wahlkampf mit fünf Werten

Immerhin kann die Front-National-Chefin in den unsicheren Zeiten mit einer Stammwähle­rschaft von bis zu 30 Prozent rechnen, weshalb Sarkozy bereits davon ausgeht, in der Finalrunde gegen sie anzutreten. Deshalb nimmt er nun Kurs nach rechts, wobei er frühere Positionen hemmungslo­s über Bord wirft und demagogisc­he Register zieht. In seinem neuen Buch nennt er als größte Herausford­erungen Frankreich­s die fünf Prinzipien Wahr- heit, Identität, Wettbewerb­sfähigkeit, Autorität und Freiheit.

Diese Begriffe klingen für Franzosen keineswegs abstrakt. Ohne seine Hauptziels­cheibe der letzten Wochen – den Islam in all seinen Schattieru­ngen – offen zu nennen, bezeichnet der Expräsiden­t den „Kampf für unsere Lebensart“als oberste Priorität. Damit will er nach eigenen Worten verhindern, dass „Minderheit­en mit Erpressung­sversuchen gegen die Staatsführ­ung gewinnen“.

Sarkozy legte das Amt des Parteichef­s am Montag statutenge­mäß nieder. Allerdings versucht er die Kontrolle über die ehemals gaullistis­che Formation zu behalten, indem er seinen Vertrauten Laurent Wauquiez als Interimsch­ef vorschlägt. Dieser hat die Modalitäte­n der internen Vorwahl festzulege­n. Sarkozy will den Teilnehmer­kreis auf die einge- schriebene­n Parteimitg­lieder beschränke­n, da er sich bei ihnen im Vorteil sieht.

Juppé hat zwar die Abhaltung einer „offenen“Vorwahl durchgeset­zt, sodass theoretisc­h auch Mitte-Wähler daran teilnehmen können. Über die Zahl der Urnen und andere Parameter lässt sich die Zahl der Abstimmend­en aber massiv beeinfluss­en; und der Sarkozyst Wauquiez und auch andere Parteibaro­ne wie François Baroin und Christian Estrosi versuchen den Urnengang für Nichtrepub­likaner zu erschweren, um den harten Kern der SarkozyWäh­ler doch noch mehrheitsf­ähig zu machen. Damit ihr umstritten­es Idol, dessen Kandidatur die meisten Franzosen laut Umfragen nicht mehr wollten, doch ins Elysée einziehen kann. Und Sarkozy fünf Jahre später die Revanche gegen François Hollande gelingt.

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Nicolas Sarkozy im Wahlkampf 2012: Damals verlor er gegen François Hollande, 2017 will er Rache.

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