VW einigt sich
VW kann den Golf wieder produzieren, der Streit mit dem Zulieferer ist beigelegt, die Kurzarbeit damit abgewendet. Die Affäre zeigt das Problem der Zulieferer – und die Abhängigkeit von VW.
Die Golf-Produktion kann wieder anlaufen: VW hat den Streit mit Lieferant Prevent beigelegt.
Gut 20 Stunden haben Vertreter von Volkswagen und Prevent verhandelt, gestern einigte sich Europas größter Autobauer mit der bosnisch-slowakischen ZulieferGruppe auf einen Kompromiss. Über den Inhalt der Einigung wurde Stillschweigen vereinbart.
Der Streit zwischen dem Wolfsburger Autokonzern und der Prevent-Gruppe, zu der die beiden in Sachsen ansässigen Lieferanten Car Trim (Autositzbezüger) und ES Automobilguss (Getriebegehäuse) gehören, schwelte seit Monaten und ist zuletzt eskaliert. Die Prevent-Gruppe verhängte gegen den mächtigen Konzern einen Lieferstopp, worauf die Produktion des VW Golfs in mehreren Werken heruntergefahren werden musste. 27.000 Mitarbeiter konnten nicht mehr so arbeiten wie geplant, die Golf-Produktion stand still. VW hatte Kurzarbeit für bis zu 30.000 Mitarbeiter vorbereitet.
Millionen-Forderung
Nach wie vor unklar ist die genaue Ursache des Konflikts. Das Handelsblatt berichtet, VW habe der Prevent-Gruppe einen Entwicklungsauftrag gekündigt und größere Entschädigungszahlungen verweigert. Der Zulieferer verlangte von VW 58 Millionen Euro Schadenersatz, VW drohte seinerseits mit einer saftigen Schadenersatzforderung und verlangte vor Gericht die Herausgabe der Autoteile. Ende dieser Woche wollte VW die Ansprüche bei den Zulieferern notfalls per Gerichtsvollzieher durchsetzen und sich die fehlenden Teile selbst beschaffen.
Wie das Handelsblatt nun aus Unternehmerkreisen erfuhr, hat VW die Schadenersatzforderung zurückgenommen, die Prevent- Gruppe habe daraufhin die Forderung von 58 Millionen Euro fallen gelassen. Immerhin soll es Prevent in den Verhandlungen geglückt sein, bessere Konditionen für künftige Geschäfte zu erzielen.
Der Aufstand eines im Branchenvergleich eher kleinen Zulieferers gegen einen der wichtigsten Einkäufer der Branche könnte ein Signal für andere Lieferanten sein, künftig härter zu verhandeln. Der Chef-Einkäufer von VW, Francisco Garcia Sanz, ist in der Branche für seine harte Verhandlungsführung gefürchtet. Weil gerade kleinere Zulieferer von den Aufträgen Großer wie VW abhängig sind, regt sich in der Regel kaum Widerstand, wenn VW die Kosten zu drücken versucht. Im Zuge der Dieselaffäre hat der Wolfsburger Autobauer laut Experten den Druck nochmals erhöht, um weiter Kosten zu senken.
Der VW-Konzern hatte im Vorjahr ein Einkaufsvolumen von 149 Milliarden Euro, rund 65 Prozent des gesamten Umsatzes geben die Wolfsburger also für die Beschaffung aus. „Gelingt es, die Einkaufskosten im VW-Konzern nur um ein Prozent zu senken, steigt der Konzerngewinn gleich um 1,5 Milliarden Euro. Deshalb leben die Zulieferer in einer Welt des Kostendrucks“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Automobilexperte an der Universität DuisburgEssen. Indes: Die Zahlen belegen zugleich die Abhängigkeit des Autobauers von seinen Zulieferern. „Wenn es eine Lehre aus der Posse gibt, dann die, dass VW seinen Einkauf umstrukturieren muss. Wenn man einen Fall findet, bei dem ein Weltmarktführer mit gut 600.000 Beschäftigten sich von einer 500-Mann-Bude abhängig macht, sprechen alle Regeln der Statistik dafür, dass mehr solcher Fälle im Karton schlummern“, warnt Dudenhöffer. Die Affäre offenbare, dass VW ein zu hohes Risiko eingehe, da wichtige Bauteile nur bei einem Zulieferer bezogen würden.
Der Streit mit Prevent dürfte VW nach dem Abgasskandal einen weiteren Imageschaden zugefügt haben, wollte der Konzern doch Kurzarbeit für bis zu 30.000 Mitarbeiter einführen. Dabei gleichen die betroffenen Mitarbeiter ihren Verdienstausfall mit Zuschüssen aus der Arbeitslosenversicherung aus.
„Das Kurzarbeitsgeld ist nicht dafür gedacht, dass man seine Nachfragemacht auf dem Buckel der Beitragszahler finanziell absichert“, sagte beispielsweise Hans Michelbach von der CSU. Und Karl Schiewerling von der CDU meinte: „Kurzarbeit ist keine Streikkasse für Unternehmen, die sich im Wirtschaftskampf befinden.“Die Zahlung von Kurzarbeit hätte die Öffentlichkeit laut BildZeitung rund zehn Millionen Euro gekostet.