Auch in der Regierung herrschte Kommen und Gehen
Flüchtlingskrise führte zu Rochaden und Rücktritten
Die Bewältigung des Flüchtlingsandrangs im Vorjahr hat Akteure von damals in hohe politische Ämter gehievt – aber auch einige Regierungsmitglieder quasi den Job gekostet.
Der Polizeichef des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil, seit der Kühltransporterkatastrophe in Parndorf medial quasi dauerpräsent, koordinierte im September am Grenzübergang Nickelsdorf mit ruhiger Hand die Erstversorgung und den Weitertransport von zigtausenden Asylwerbern. Mitunter mit recht unkonventionellen Methoden: Trotz fehlenden Ziels, also Quartieren, ließ er Asylwerber in den Chaostagen in abfahrende Busse steigen, um tumultartige Szenen zu vermeiden. „Im Extremfall können sie auf die Autobahn auffahren und fahren eine Runde Sightseeing“, rechtfertigte er seine Anweisung. „So arg es klingt: Sie müssen weg hier, damit die anderen merken, es tut sich etwas.“
Im Jänner beförderte SPÖ-Chef und Kanzler Werner Faymann im Zuge der Korrektur seines Asylkurses mitsamt Regierungsrochade dann Doskozil an die Spitze des Verteidigungsministeriums, Minister Gerald Klug musste ins Infrastrukturressort ausweichen – und sitzt jetzt als Abgeordneter im Nationalrat. Denn auch Faymann überstand als Regierungschef die Flüchtlingskrise nicht – er trat im Mai zurück. Zu Pfingsten feierten die Genossen ÖBB-Chef Christian Kern als ihren Erlöser.
Ähnlich wie Doskozil hatte Kern in der Flüchtlingskrise als Boss der Bundesbahnen für einen halbwegs reibungslosen Ablauf auf den Bahnhöfen gesorgt, nicht ohne sich oft via Funk und Fernsehen bei seinen Mitarbeitern zu bedanken, die unzählige unbezahlte Überstunden schoben. Dazu hatte Kern in Sachen Tickets die kulante Order ausgegeben: „Die Menschen haben nur das Nötigste. Da ist es sinnvoll, bei der Kontrolle ein Auge zuzudrücken.“
Doch längst sind Doskozil und Kern – jetzt in Regierungsverantwortung – unter anderem zu Fürsprechern der international umstrittenen anstehenden Notverordnung geworden, die man mit dem Koalitionspartner ÖVP in Kraft setzen will, sobald heuer 37.500 Asylanträge vorliegen.
Der Politologe Peter Filzmaier analysiert, dass die Karrieresprünge beider vor allem mit ihrem „Managerimage“von damals zu tun haben. Nun aber sei mehr Härte als Milde gefragt, denn: „Seit Jahren, nicht erst seit 2015, gibt es in der Wählerschaft der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ eine klare Mehrheit für Mitte-rechts-Standpunkte in der Fremdenpolitik.“
Leichter hat es da Wolfgang Sobotka (ÖVP) als gestrenger Innenminister, dessen Vorgängerin Johanna Mikl-Leitner, beim Asylthema seit Jahren in der Kritik, heim nach St. Pölten wollte. Filzmaier zu ihrer Performance: „Sie war in jener Zeit im Amt, als die Regierung angesichts der vielen Flüchtlinge weniger planvoll als mit Ad-hoc-Reaktionen agiert hat.“Unvergessen etwa Mikl-Leitners Versprechen, dass Europa zu einer „Festung“werden müsse.
Seit Monaten gilt die Balkanroute, vor allem auf Betreiben von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), als geschlossen. Nur Sobotka wundert sich öffentlichkeitswirksam über die, die durchkommen: „Es ist unverständlich, dass Migranten das Handy und sonst alles haben, aber den Pass und die Papiere haben sie verloren.“