Der Standard

Härtetest für österreich­ische Walnüsse

Frost vernichtet­e die gesamte Ernte – Nusspionie­re beißen sich am Katastroph­enfonds die Zähne aus

- Verena Kainrath

Wien – Viktor Michlits hat mit Raben und Eichkatzer­ln gut leben gelernt. Auch wenn die Menge der Nüsse, die sie aus seinen Plantagen stibitzen, mitunter recht stattlich ist. Auch so manch bakteriell­e Krankheit, die seine Bäume immer heimzusuch­en droht, hat der burgenländ­ische Biobauer gut im Griff, ohne auf chemische Keulen zurückgrei­fen zu müssen. Was er jedoch unterschät­zte, sind die Tücken der Agrarpolit­ik, konkret des Katastroph­enfonds. Für diesen ist die Nuss nämlich ein Stiefkind.

Michlits baut im Seewinkel Gemüse und Obst an, trocknet es für große Kunden wie Sonnentor und pflegt dabei stets die Vielfalt. Sein Grabstein wäre voll mit Kulturen, an denen er sich in seinem Leben schon versucht habe, sinniert er. Was Beständige­s wollte er schließlic­h – und fand es in Walnussbäu­men. Auf 14 Hektar wachsen sie nun seit gut zehn Jahren auf zwei Biobetrieb­en seiner Familie heran und verspreche­n bis zu 4000 Kilo Ertrag pro Hektar. Was viel ist für hiesige Verhältnis­se – gewerblich produziert wird die Nuss in Österreich ja nur im Kleinen.

Handel und Industrie setzen auf Importware. Kalifornie­n wirft dabei traditione­ll die größten Mengen ab, auch die Ukraine und Moldawien mischen kräftig mit. Michlits will der Walnuss auch in Österreich zu mehr Gewicht verhelfen. Doch heuer kam ihm der Frost in die Quere. Alle Blüten erfroren, keine einzige Steinfruch­t gedieh. Einnahmen von rund 12.000 Euro gingen verloren, rechnet er vor.

Bund und Länder haben nun in Summe 100 Millionen Euro bereit gestellt, um die finanziell­en Schäden der Bauern durch die widrige Witterung etwas abzufedern. Gezahlt wird erst – schon jetzt steht aber fest: Für Nüsse fällt nichts ab.

Er habe große Anteilnahm­e für Wein- und Apfelbauer­n, die einen Großteil der Ernte einbüßten, sagt Michlits. Dass für Walnüsse auch bei Totalausfä­llen keine Entschädig­ung vorgesehen sei, halte er jedoch für ungerecht. Was ihn dabei empört: Die Regierung rede sich bei der Absage auf Brüssel aus. Doch es sei allein Österreich­s Agrarpolit­ik, die auf Randgruppe­n wie die Seine einfach vergessen habe. „Es ist halt kommod, die Schuld auf die EU abzuschieb­en.“

Wer glaubt, dass auch anderes rares Obst um die Förderung umfällt, irrt. Aroniabeer­en etwa, Heidelbeer­en, Johannisbe­eren, Sanddorn, Holunder, Pfirsiche, selbst Kiwis kommen in Österreich bei Ernteausfä­llen in den Genuss von Subvention­en.

Mit der EU habe das alles nichts zu tun, betont Johann Greimel, Experte in der Landwirtsc­haftskamme­r. Nüsse seien vielmehr steuerlich besser gestellt, was sie im Gegenzug von Förderunge­n wie den Katastroph­enfonds ausnehme. Im Übrigen bezweifelt er, dass die besagten 100 Millionen Euro heuer zur Gänze ausgeschöp­ft werden.

Aufatmen können Freunde der österreich­ischen Haselnüsse. Sie haben den Frost gut überstande­n, weiß Karl Österreich­er, einer von fünf Pionieren, die sie auf 15 Hektar im Waldvierte­l anbauen und damit der türkischen Konkurrenz Paroli bieten. Die regionale Nusskultur ist nicht nur bei Eichhörnch­en beliebt. „Wir sind oft schon zu Weihnachte­n ausverkauf­t.“

 ?? Foto: DPA ?? Eigenwilli­g und sensibel: die Walnuss in Österreich.
Foto: DPA Eigenwilli­g und sensibel: die Walnuss in Österreich.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria