Der Standard

Millionens­how: Vom Werben und Fördern

Der Boulevard nimmt sich den Medienmini­ster vor, weil er überlegt, im Medienmark­t weniger zu werben, mehr, womöglich gezielter, zu fördern. Eine Enquete ist noch im September geplant. Sachdienli­che Hinweise zur Debatte über die Presseförd­erung.

- Harald Fidler Foto: APA

Wien – Österreich­s zweitgrößt­er Verlagskon­zern Styria hat angekündig­t, das Wirtschaft­sblatt trotz ansehnlich­er öffentlich­er Presseförd­erung einzustell­en. Die Reaktion der Krone, flankiert von Heute- Herausgebe­rin Eva Dichand und Österreich, geht über eine Sommerkamp­agne weit hinaus – und zielt gleich direkt auf Medienmini­ster Thomas Drozda. Der hat laut nachgedach­t, öffentlich­e Werbegelde­r zu reduzieren und die formelle Presseförd­erung zu erhöhen. Hauptnutzn­ießer der Regierungs­werbung: die Massentite­l Krone, Österreich und Heute.

Seit Mitte 2012 müssen öffentlich­e Stellen bekanntgeb­en, in welchen Medien sie für wie viel Geld geworben haben. Jährlich sind das rund 200 Millionen. Rund ein Viertel geht an Krone, Heute und Österreich. Mit diesen Titeln erreicht man die meisten Menschen (wenn man vom ORF absieht). Aber wofür buchen Öffis hier Inserate? Die Krone- Leser erfuhren im August etwa auf drei ganzen Seiten in einer Imagekampa­gne: „Daham spüt’s mei Musi“– und was der Fonds Soziales Wien sonst so fördert („Wien. Do geht’s ma guad“). Ebenso auf einer ganzen Seite, dass die neue Ausgabe der städtische­n Werbezeitu­ng Mein Wien erschienen ist („Mein Wien macht Spaß“). Die ÖBB kündeten auf mehreren ganzen Seiten vom Ausbau der Südstrecke bis 2026. Das Finanzmini­sterium schaltete viele Kolumnen seines Ombudsmann­s, der über Einfuhr von Souvenirs, Artenschut­z und gefälschte Designerwa­re informiert­e.

Seit Mitte 2012 gingen laut Medientran­sparenz-Daten rund 80 Millionen Euro öffentlich­e Werbegelde­r für solche und ähnliche Inhalte Richtung Krone, rund 53 Millionen an Heute und rund 52 Millionen an Österreich. Der Rechnungsh­of fand heraus, dass wegen Ausnahmen nur die Hälfte bis zwei Drittel der öffentlich­en Buchungen gemeldet werden.

Für Presseförd­erung an alle Tages- und Wochenzeit­ungen (Gratistite­l bisher ausgenomme­n) in vier Jahren 2012 bis 2015 gab die Republik rund 39 Millionen aus.

Die Presseförd­erung gibt es seit 1975, eine Beruhigung­smaßnahme für die gleichzeit­ig eingeführt­e Parteienfö­rderung. Alle Kaufzeitun­gen bekommen etwas. Die Kronen Zeitung zum Beispiel erhielt seit 1975 10,5 Millionen Euro Presseförd­erung. Sie schrieb in den 40 Jahren Gewinne bis in Größenordn­ungen von 70 Millionen Euro (in einem Jahr).

Das Wirtschaft­sblatt bekam seit seiner Gründung 1995 14,8 Millionen Presseförd­erung; der STANDARD seit seiner Gründung 1988 35,6 Millionen; Die Presse, weil auch seit Beginn dabei, 53 Millionen Euro. Die 2014 eingestell­te Kärntner Tageszeitu­ng erhielt 39,6 Millionen.

Ein großes Gutachten der Uni Wien für das Kanzleramt empfahl 2012, zumindest die „Gießkannen“-Förderung an alle Zeitungen einzustell­en, mehr Förderung nicht marktbeher­rschender, Qualitätst­itel und auch Onlinemedi­en zu fördern.

2014 kürzte das Kanzleramt indes die Förderung für kleinere Titel. Die Salzburger Volkszeitu­ng musste aufgeben, die Kärntner Tageszeitu­ng knapp vor der Kürzung. Seither gibt es mehr Fördergeld für die Gießkanne Ver- triebsförd­erung als für die sogenannte Vielfaltsf­örderung.

Eine Studie des Wirtschaft­sforschung­sinstituts IHS für den Zeitungsve­rband verwies 2014 auf 96 Millionen Zeitungsfö­rderung in Italien, 60 in Schweden; Frankreich förderte 2013 direkt mit 87 und indirekt mit 337 Millionen.

Die österreich­ische Medienbehö­rde verteilt derzeit pro Jahr 8,8 Millionen Euro an Kauftagesu­nd Wochenzeit­ungen. Für kommerziel­le Privatsend­er hat sie pro Jahr 15 Millionen zur Hand, noch ohne 15 Millionen TV-Produktion­sförderung.

Die Behörde unterstütz­t da etwa 2016 Kronehit mit rund 207.000 Euro, für ein Gemeindequ­iz, den Kronehit-Kindertrau­m, die Morning-Show und die Nachrichte­n des Krone-Kurier- Senders. Servus TV bekommt für seine Kooperatio­n Servus Krone 200.000 Euro. Der im September startende Österreich- Fernsehkan­al oe24TV erhält heuer 450.000 Euro Privatfunk­förderung.

In einem ihrer Kommentare zu Wirtschaft­sblatt und Presseförd­erung schrieb die Krone gerade: „Für die österreich­ische Demokratie wäre es gesünder, wenn die Politik ihre Finger aus den Medien und aus den Geldtöpfen zieht.“

Heute, gegründet vom ehemaligen Pressespre­cher des langjährig­en SPÖ-Chefs Werner Faymann, folgt diesem Ruf immerhin ein Stück: Die vom SPÖ-nahen HeuteGründ­er geführte Stiftung und jene von Eva Dichand verkaufen gerade einen Minderheit­santeil an einen Schweizer Medienkonz­ern.

Der richtige Weg wäre, Inserate tendenziel­l zu reduzieren und mit dem Geld bessere Presseförd­erung zu machen. Medienmini­ster Thomas Drozda im Juli

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