Kanzler und Kommunismus
Im Vorzimmer der Macht, auf die Heinz-Christian Strache schon so lange wartet – es ist sein zehntes Sommergespräch –, wird ein Kandidat fast zum Virtuosen der Geduld. Wenn Susanne Schnabl ihn unterbricht, bleibt der Kanzler nicht unbedingt aller FPÖ-Herzen lange gelassen. Er ersucht höflich, „es ausführen zu lassen“. Und Schnabl tut es oft; und wenn nicht, redet Strache einfach geduldig weiter.
Ja, Differenzierung, um die geht es, Frau Schnabl! So viel Gelassenheit muss sein. Kanzler Kerns Vorschlag einer Maschinensteuer sei etwa „eine kommunistische Idee“, eine jener, die womöglich aus dem Ausland in die Heimat eingeschleust werden. Was heißt, Roboter würden Arbeitsplätze vernichten! Ist nicht weitaus brisanter, dass der Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen eine „Präsidialdikta- tur à la Erdogan“errichten will? Da wäre doch eine Volksabstimmung zum Thema zweckdienlich, ob dieser grüne Türkensklave überhaupt antreten darf! Direkte Demokratie!
EU-Austritt? Den wollte der gelassene Strache nie. Und als Parteifreund Harald Vilimsky eine Austrittsabstimmung darüber vor der Kamera verlangte, muss dieser für die Zeit des Statements wohl seine FPÖMitgliedschaft begraben haben.
Bleiben wir also bei der Wahrheit, außerdem: Sie sehen doch Frau Schnabl, welche Zustände in England nach der Brexit-Abstimmung herrschen, an dem die EU-Funktionäre „Juncker und Schulz“schuld sind: In London ist ja ein gläubiger Muslim Bürgermeister geworden.
Solche „Fehlentwicklung einer radikalen Islamisierung“könne nur innerhalb der EU gelöst werden. Ein Strache muss das sagen dürfen, ohne unterbrochen zu werden. pderStandard. at/TV-Tagebuch