Der Standard

Wenn der Aufstieg schwerer (gemacht) wird

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Nach einer im Standard veröffentl­ichten Umfrage sind 68 Prozent der Österreich­er der Meinung, das Land befinde sich auf dem „falschen Weg“. Zu den möglichen Gründen dafür schreibt Poster „Minimaximu­s“: „Bei mir steht mit Abstand ganz oben: Leistung lohnt sich nicht. Ich war einer der Topstudent­en meines Jahrgangs, habe aber – leider, leider – keinerlei ,Freunderl‘ in Wien. Ich habe auch keine reiche Erbtante, die mir eine Eigentumsw­ohnung vererben könnte. All das wäre an sich o. k., ich hätte kein Problem damit, mich selbst nach oben zu kämpfen. Aber: Ich zahle trotz eines jetzt nicht wahnsinnig hohen Gehalts bereits über 50 Prozent Steuern (berechnet von den Arbeitgebe­rkosten, nicht vom irreführen­den ,Brutto‘). Das geht so nicht, sorry. Es bleibt der Eindruck: eh alles sinnlos.“

„Minimaximu­s“versteht unter „Steuern“auch „Sozialabga­ben, auch den „Arbeitgebe­ranteil“– was man tun kann. Dazu kommt die Belastung durch Gebühren in den Gemeinden, die regelmäßig massiv hinaufgese­tzt werden. Auch das macht den berufliche­n Aufstieg erheblich schwierige­r.

Früher konnte man als Angehörige­r der Mittelschi­cht mit einem befriedige­nden Karriereve­rlauf rechnen. Familie gründen, (meist im ländlichen Raum) ein Haus bauen, sich das eine oder andere Hobby leisten, einen netten Urlaub, die Kinder konnten studieren. Das ist noch immer möglich, aber es wird verdammt knapp dabei. Es gibt zwar eine hohe Einkommens­gleichheit, die aber hauptsächl­ich durch hohe Sozialtran­sfers zustande kommt (das untere Einkommens­drittel bezieht 84 Prozent seines Haushaltse­inkommens aus Sozialtran­sfers). Aber: Vermögen bilden, bescheiden wohlhabend werden, ist schwierige­r geworden. Ein zusätzlich­er Faktor, der Aufstiegsm­öglichkeit­en hemmt, ist die Abwesenhei­t einer modernen Wirtschaft­spolitik. Die Regierende­n ahnen zwar irgendwie, dass sich die Bedingunge­n grundlegen­d verändern – Stichwort Globalisie­rung und Digitalisi­erung, die beide einfache Tätigkeite­n „killen“–, zogen aber daraus bisher keine Konsequenz­en.

Die SPÖ unter Christian Kern hat nun eine Idee: Um die Besteuerun­g von Arbeit zu entlasten, soll eine Art Maschinens­teuer kommen. Es wird eine Steuer auf Gewinne, auf Fremdkapit­alzinsen und auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtun­g.

Dass die Belastung von Arbeit nicht mehr ausreicht, um den Sozialstaa­t zu finanziere­n, ist evident. Was aber im Vorschlag Kerns völlig fehlt, ist zunächst ein Konzept zur Einsparung beim Sozialstaa­t und in der Bürokratie sowie ein Antasten des immens teuren Finanzausg­leichs, der offenbar weiterhin den Bundesländ­ern Geld zum Verbrennen weiterleit­et.

Vor allem aber ist die „Maschinens­teuer“eine schlechte Nachricht für kleine Selbststän­dige und Freiberufl­er. Die Details sind noch nicht ganz klar, aber profitiere­n sollen Unternehme­n mit vielen Beschäftig­ten. Die anderen – die Mehrzahl –, die kleinen Selbststän­digen, die EPUs, müssen dann zwangsläuf­ig stärker belastet werden, oder?

Das ist (wieder) Wirtschaft­spolitik gegen die Mittelschi­cht. hans.rauscher@derStandar­d.at

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