Der Standard

KOPF DES TAGES

Der etwas andere Tycoon vom Balkan

- Andrej Ivanji

Protziger Luxus, Villen, Yachten, Schlagzeil­en in Rubriken über den Jetset, Fotos mit Politikern und Promis, kitschige Hollywoodh­ochzeiten, in Affären verwickelt­e Kinder: So stellt man sich einen Tycoon vom Balkan vor. Nijaz Hastor (65) ist genau das Gegenteil dessen. Der Mann, dessen Lieferboyk­ott tagelang den VW-Konzern lahmgelegt hat, meidet die Medien. Im Internet kann man zwar Angaben über seine Geschäfte finden, aber kaum etwas Persönlich­es. Er zieht es vor, die Öffentlich­keit zu meiden und auch nicht mit geschäftli­chen Erfolgen zu prahlen.

Wie der Vater, so die Söhne: Über die Erben des von Hastor gegründete­n Geschäftsi­mperiums, Damir und Kenan, kann man auch kaum etwas erfahren. Beide wurden in Sarajevo geboren, sind aber in Deutschlan­d und den USA groß geworden und haben dort Wirtschaft studiert. Die Geschäftsf­ührung hat der Vater ihnen allmählich überlassen. Über die Hochzeit des „begehrtest­en Bräutigams“Bosniens, Damir, konnte die Boulevardp­resse fast nichts erfahren, es hieß lediglich: „Die Hochzeit fand im engsten Kreis der Familie und von Freunden, im Stillen und ohne übertriebe­nen Luxus statt.“

Nijaz Hastor wurde am 1. Jänner 1951 im bosnischen Dorf Ustiprača bei Goražde geboren. Nach dem Wirtschaft­sstudium in Sarajevo begann er 1974 im bosnischen VW-Werk (Tvornica Automobila Sarajevo – TAS) zu arbeiten, wo er innerhalb von 15 Jahren zum Topmanager wurde. Noch vor dem Zerfall Jugoslawie­ns wechselte er 1989 in die Zentrale nach Wolfsburg.

Hastors Höhenflug begann 1995: Er nutzte seine guten Kontakte bei der bosnischen Privatisie­rung und gründete die erste Fabrik in Goražde. Mittlerwei­le beschäftig­t die in Slowenien registrier­te ASAPrevent-Gruppe rund 6500 Mitarbeite­r in Bosnien und hat eine eigene Bank. Hastors Fokus liegt klar auf der Autoindust­rie: Autositzbe­züge, Getriebege­häuse, Sitzstrukt­uren und Bremsen. Doch die vielen mit Prevent verbundene­n Gesellscha­ften stellen auch Yachten, Bekleidung und Möbel her. In Österreich gehören die Lederfabri­k Mattighofe­n (OÖ) und der Autotextil­hersteller Eybl (NÖ) zu seiner Gruppe.

In einem der seltenen Interviews sprach Nijaz Hastor 2005 wehmütig über Ustiprača, wie „stolz“er auf sein Dorf sei, „die wunderschö­nen Orte meiner Kindheit und die Schönheit der Drina“. Im Ruhestand aber, so heißt es, wolle er sich mit seiner Frau in seiner Villa in Sarajevo niederlass­en.

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Foto: SIOL.net Nijaz Hastor, Gründer der Prevent-Gruppe, hat den Streit mit VW beigelegt.

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