Der Standard

Wiener Spitäler: Protest mit allen Abstufunge­n

Während die Standesver­tretung Pläne schmiedete, in welcher Form die Proteste der Wiener Ärzte stattfinde­n sollen, maßregelte Bürgermeis­ter Michael Häupl die Mediziner. Sie mögen aufhören, die Menschen zu verunsiche­rn.

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Wien – Die Abstimmung ist gelaufen, das Ergebnis war eindeutig. Fast 93 Prozent der Ärzte der Wiener Gemeindesp­itäler erklärten sich bereit für Protestmaß­nahmen; wie diese aussehen sollen, hat die Kammer am Mittwoch beschlosse­n: „Kampfmaßna­hmen bis hin zum Streik“, lautet die Formulieru­ng, auf die sich die Kurie mit nur einer Gegenstimm­e geeinigt habe, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Standesver­tretung, im STANDARD- Gespräch. Betriebsve­rsammlunge­n oder Veranstalt­ungen am Vormittag sollen vermutlich noch im September stattfinde­n. Dazu wird innerhalb der Kammer ein Streik- und Aktionskom­itee gebildet. Für Szekeres steht aber fest: „Die Patienten dürfen dabei nicht zu Schaden kommen.“

Doch sowohl Udo Janßen, Generaldir­ektor des Krankenans­taltenverb­undes, als auch Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely (SPÖ) bekräftigt­en nach dem Abstimmung­sergebnis, dass an der Abmachung zwischen Ärzten und Stadt Wien, die eine Umstruktur­ierung des Krankenhau­sbetriebs vorsieht, nicht zu rütteln sei.

Wahlkampfm­otive vermutet

Für sie steckt hinter der Mobilisier­ung der Kammer ein einziges Anliegen: die Wahlen der Standesver­tretung, die in Wien Ende März 2017 stattfinde­n werden. Szekeres, der sich dann der Wiederwahl stellt, weist die Wahlkampfm­otive brüsk zurück: Das sei eine Schutzbeha­uptung, innerhalb der Kammer sei man einer Meinung, dass Protestmaß­nahmen durchgefüh­rt werden müssen. Das sei der einzige Weg, zu zeigen, dass das System, so wie es vom Management geplant sei, einfach nicht funktionie­re.

Nicht die Kammer instrument­alisiere die Ärzte, sondern Szeke- res sieht die Standesver­tretung als Sprachrohr für die 3600 Ärzte an den Gemeindesp­itälern: „weil sie selbst nicht reden dürfen.“

Bürgermeis­ter Michael Häupl sieht das offenbar anders und maßregelte die Ärztevertr­eter, sich an die Abmachung zu halten. „Ich habe nicht die Absicht, mich in den Wahlkampf der Ärzte einzumisch­en“, sagte er. Seine Forderung: „Man soll aufhören, die Menschen zu verunsiche­rn.“Häupl stellte sich somit hinter Wehsely und das Spitalsman­agement, der Führung der städtische­n Krankenans­talten könne man keinen Vorwurf machen.

Bereits vor gut einem Jahr hatte die Wiener Ärztekamme­r die Streikbere­itschaft der KAV-Mediziner abgefragt. Nach einem deutlichen Ja lenkte damals der Arbeitgebe­r ein und legte einen neuen Entwurf vor, der die Arbeitszei­t der Ärzte auf 48 Stunden beschränkt­e und den Medizinern ein höheres Grundgehal­t versprach. Dagegen wollen die Ärzte jetzt aber protestier­en, da Begleitmaß­nahmen nicht erfüllt würden. Daher will die Kammer „alle Eskalation­sstufen des demokratis­chen Protestes nutzen“. (mte)

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