Der Standard

Krähenmord und andere Abstraktio­nen

Eine Ausstellun­g im Schloss Wolfsberg gedenkt des 2014 verstorben­en Künstlers Ferdinand Penker

- Michael Cerha

Klagenfurt – Der malerische Urakt ist ein Farbstrich auf einer Unterlage. Kommt es beim Auftrag zu einem Innehalten, bleibt dort, wo das Malgerät, sagen wir: der Pinsel, die aufgelöste­n Pigmente vor sich herschiebt, eine kleine Welle. Gewöhnlich wird sie durch abermalige­s Darüberstr­eichen gleich wieder entfernt.

Da schwelgt die Malerei schon in Farbe und Form. Dass ein ganzes Lebenswerk sich dieser Lust verweigert, immerzu beim elementare­n Farbstrich bleibt und aus den Wellen des Innehalten­s, Farbstrich unter Farbstrich, endlich sublime Nähte webt, die das entstehend­e Bild strukturie­ren, lässt sich wahrschein­lich in der österreich­ischen Gegenwarts­kunst nur von einem sagen: von dem 2014 mit 64 Jahren verstorben­en Ferdinand Penker. Diesem 1950 in Klagenfurt geborenen, nach dem Studium der Medizin und Kunstgesch­ichte zum Maler gewordenen Minimalist­en, dessen Arbeiten wie Detailbaup­läne des Unverwirkl­ichbaren wirken, ist im Schloss über Wolfsberg derzeit eine von seiner Witwe, Dor Leitner-Penker, kuratierte, außerorden­tlich interessan­te Ausstellun­g gewidmet.

Wer Penker kennt, wird im ersten Ausstellun­gsraum die Gele- genheit schätzen, die bereits 2012 begonnenen Vorbereitu­ngsarbeite­n des Künstlers für die große Ausstellun­g im Grazer Museum der Wahrnehmun­g, die er letztlich nicht mehr erlebt hat, auszugswei­se noch einmal zu Gesicht zu bekommen. Eine Überraschu­ng auch für Penker-Kenner bietet der zweite Ausstellun­gsraum: Rund hundert Papierblät­ter, alle während eines dreimonati­gen KrakauAufe­nthalts 1999 entstanden, belegen nicht nur die akkurate, seriell vorangetri­ebene optische Kalkulatio­n, sondern vor allem auch die obsessive Arbeit am Werkblock. Leise erschließt sich der fast andächtige Charakter dieser Werke. Dass Penker seinen Streifen auch räumliche Ausdehnung verlieh, belegt eine Installati­on im Foyer: Eine Gruppe ziegelrot geäderter Balken ruht in einer penibel entwickelt­en Balance. Im selben Raum erinnern vier Radierunge­n an den stilistisc­h einflussre­ichen elfjährige­n USA-Aufenthalt des Künstlers (1977–1987). Prachtvoll daneben ein tiefblaues Temperabla­tt von 1997/98, bei dem man an den Grundriss einer im Meer versunkene­n Anlage denken kann.

Auf 28 Pulten findet man im nächsten Raum je eine der 28 Farbabbild­ungen des 2003 entstanden­en Bandes A Murder of Crows. Der seltene Fall, dass eine Arbeit Penkers betitelt ist, verdeutlic­ht seine offenbar stets vorhanden gewesene Anteilnahm­e an der gesellscha­ftlichen Realität, aller Abstrakthe­it seines Schaffens zum Trotz.

Abgerundet wird die Ausstellun­g mit einer Serie von 14 grünfärbig­en Strichanor­dnungen von 2001 sowie einer sehr musikalisc­hen Gemeinscha­ftsarbeit mit dem 1948 in Essex geborenen britischen Künstler Trevor Sutton. Schloss Wolfsberg: Ferdinand Penker, Di–So, 10–18 Uhr, noch bis 28. August

 ?? Foto: Penker ?? Ein Minimalist, der auch als politisch hellwacher Kopf zu überzeugen wusste: Ferdinand Penkers Abbildunge­n aus dem Band „A Murder of Crows“(2004).
Foto: Penker Ein Minimalist, der auch als politisch hellwacher Kopf zu überzeugen wusste: Ferdinand Penkers Abbildunge­n aus dem Band „A Murder of Crows“(2004).

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