Der Standard

Am Strand von Nizza

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Bitte googeln: „Badekleidu­ng für Damen um 1900“. Man sieht Zeichnunge­n und Fotos von Frauen, die voll bekleidet im Meer plantschen (nicht schwimmen, da wären sie gleich untergegan­gen bei der Stoffmenge). Der Unterschie­d zum „Burkini“von heute besteht im fehlenden Kopfschlei­er.

Gut, das war vor über 100 Jahren. Wir haben das überwunden, so wie wir die Kopftücher unserer ländlichen (Ur-)Großmütter überwunden haben, die übrigens mehr praktische­r Natur waren (Feldarbeit!).

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die gesellscha­ftlich-religiösen Vorstellun­gen des Islam, besonders was die Rolle der Frau betrifft, weit hinter den unsrigen zurücklieg­en. Und der Anblick von Vollversch­leierten in unseren Städten bereitet Unbehagen.

Unbehagen befällt einen aber auch bei dem Bild, auf dem französisc­he Polizisten bei einer älteren Muslimin am Stadtstran­d von Nizza das (lokale) Burkiniver­bot durchsetze­n. Nur: Sie trägt keinen Burkini, sondern einfach Oberbeklei­dung: Hose, Tunika, Kopftuch. Trotzdem zwingen sie vier Polizisten, die Tunika auszuziehe­n. Und so wird sie nicht erniedrigt?

Die europäisch­en Frauen von 1900 setzten gegen eine patriarcha­lische Männergese­llschaft durch, dass sie zuerst mit, dann ohne umfangreic­he Kleidung baden durften. Der Fortschrit­t kommt selten mit Zwang, sondern mit einem sozialen Prozess.

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