Wie Frankreich Reisende nun locken will
Der Fremdenverkehr in Frankreich hat diesen Sommer schwer unter der Terrordrohung gelitten. Jetzt startet das erste Reiseland eine Charmeoffensive, um die internationale Kundschaft zurückzugewinnen.
Paris ist derzeit, frei nach Hemingway, wirklich ein Fest. Auf den Bistro-Terrassen der Prachtavenue Champs-Élysées, wo sonst um jeden Stuhl gerangelt wird, findet man derzeit bequem Platz. Vor dem Louvre-Museum oder dem Eiffelturm bilden sich kaum Warteschlangen, in den Hotels findet man problemlos Zimmer – und dies meist noch mit einem Abschlag; einzelne Fünf-Sterne-Adressen haben ihre Tarife um bis zur Hälfte reduziert.
Was die einen freut, nennt Frédéric Valletoux, Vorsteher der Tourismuskomitees der Region Paris, eine „industrielle Katastrophe“. Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Reisenden im Großraum der französischen Hauptstadt um 9,9 Prozent zurückgegangen. Die Branche hat damit eine Milliarde Euro weniger Umsatz gemacht. Am stärksten ist der Einbruch bei den ausländischen Touristen. Die zahlungskräftigen Japaner sind zu 46 Prozent ausgeblieben, dahinter kommen die Chinesen, Amerikaner und Italiener.
Schuld am Touristenschwund sind natürlich die Terroranschläge der letzten Monate in Paris und – am französischen National- feiertag des 14. Juli – in Nizza an der Côte d’Azur. Aber es spielten auch andere Faktoren mit. „Attentate, Sozialproteste mit Krawallen und Raffinerie-Blockaden, SeineÜberschwemmung, Streiks bei Air France, Taxikrieg – schlimmer ging es gar nicht“, seufzt Valletoux.
Nur die Skandinavier und Briten ließen sich von diesen Negativschlagzeilen nicht abhalten. Die Franzosen selbst sorgten ebenfalls dafür, dass die vielen Sommerfestivals in ihrem Land fast alle aus- verkauft waren. Sofern sie nicht, wie etwa das Jazzfestival von Nizza, schlicht abgesagt wurden. Bei fernöstlichen Reisenden besonders beliebte Reiseziele wie der Mont Saint-Michel in der Bretagne oder die Loire-Schlösser erlitten einen ähnlich starken Besucherrückgang wie Paris.
Diese Entwicklung bedroht auch Frankreichs Stellung als weltweit erstes Reiseland mit 84,5 Millionen Besuchern noch im Jahr 2015. In dieser Zahl sind allerdings auch die Durchreisenden enthalten, die auf dem Weg in den Süden nur eine Nacht in Frankreich verbringen. Umsatzmäßig liegen die USA oder Spanien noch vor der Reisedestination Frankreich. Die Regierung in Paris hatte schon vor einem Jahr einen 30-Punkte-Plan im Umfang von einer Milliarde Euro verabschiedet, um die touristische Infrastruktur Frankreichs zu stärken und den Rang als erste Reisedestination zu halten. Auch im Hinblick auf die Pariser Olympia-Kandidatur von 2024 wird zum Beispiel vom Flughafen Roissy aus eine neue Schnellzuglinie in die Pariser Innenstadt gebaut.
Unter dem Eindruck des neuesten Besuchereinbruchs beruft die Regierung für September einen Notausschuss ein. Auf dem Spiel stehen im Fremdenverkehr 500.000 Jobs, die für sieben Prozent der Wirtschaftsleistung sorgen. Die Regierung will neue Tourismuskredite bewilligen. Eine groß angelegte internationale Charmeoffensive ist zudem in Arbeit.
Preissenkungen
Hotels und Attraktionen wie Schloss Versailles warten gar nicht darauf und starten eigene PR-Operationen mit generellen Preissenkungen. Paris hatte schon vor Monaten eine Medienkampagne namens #ParisWeLoveYou lanciert. Nun doppelt auch die französische Riviera nach, wo mehr als die Hälfte der zwölf Millionen Touristen aus dem Ausland stammen. Auf #CotedAzurNow können Reisende berichten, wie sicher und sorgenlos ihr Aufenthalt in Nizza, Antibes oder Cannes war.