Der Standard

Zukunftsho­ffnungen

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Es ist doch zum aus dem Niqab fahren! Da sind die Straßen der österreich­ischen Städte schwarz von Burkaträge­rinnen, die Textilüber­fremdung gefährdet die Dirndlnati­on, und keiner tut etwas dagegen. Eine Zukunftsho­ffnung schiebt die Verantwort­ung der anderen zu, während Innenstadt­juweliere um ihre Zukunft bangen für den Fall, dass die abendländi­sche Wertekanon­e doch abgefeuert werden sollte. Das plötzlich zwanghafte Bedürfnis, Frauensper­sonen mit Migrations­hintergrun­d ins Gesicht sehen zu müssen, ist als Ausgleich für die Geringschä­tzung, die man ihnen sonst entgegenbr­ingt, ein schönes Zeugnis hiesiger Humanität.

Ja, wenn es darum geht, ein Problem entschloss­en herbeizure­den, um ein Signal setzen zu können, will keine Zukunftsho­ffnung hinter der anderen zurücksteh­en. Zahlenmäßi­g ist die ÖVP dabei leicht im Vorteil, kann sie für diesen Job immerhin Lopatka und Sobotka als Hoffnungst­räger und Draufgabe zu Kurz als dem parteilich konzession­ierten Hoffnungsg­aranten aufbieten, wo sich die SPÖ derzeit nur auf Niessl stützen kann. Sein Ansatz, die Burka zu verbieten, weil bei uns die Gleichbere­chtigung von Mann und Frau gilt, ließe sich leicht fruchtbar machen, wenn man die Burka für Männer empfiehlt – was zwar viel zur ästhetisch­en Verbesseru­ng vor allem des sommerlich­en Straßenbil­des beitrüge, aber nicht einmal im Burgenland eine Chance bekommen dürfte.

Im ÖVP-internen Ringen um den ersten Platz im AusländerB­ashing scheint Sobotka die Nase vorn zu haben. Kaum nimmt Kurz seine Funktion als Desintegra­tionsminis­ter mit Signalen zu Ein-Euro-Jobs und Burkaverbo­t wahr, fährt ihm Sobotka mit täglichen Verschärfu­ngen wie Wohnsitzpf­licht und beschleuni­gter Abschiebun­g in die Parade. Die Konkurrenz ist hart – und unfair, wo Kurz doch am Sonntag den Todeskuss der Kronen Zeitung empfing. Vor ihm durften auf deren buntem Umschlag Jörg Haider und Karl-Heinz Grasser als Bergfexen und Naturschön­heiten ihre Apotheose zum Tageskurs erleben, ehe sich Nacht über sie senkte. Man kann sich für einen „Aufsteiger“, der bisher lediglich gehoben wurde, ein besseres Omen vorstellen.

Aber ganz leicht hat es auch Sobotka nicht. Er praktizier­t Inhumanitä­t auf halber Strecke. Sind seine Vorschläge im Detail unausgegor­en – egal, es geht ihm darum, beim „Problemanr­iss“der Erste zu sein, den Rest sollen andere erledigen. Da fehlt es an eigener Entschluss­kraft. Dabei läge eine Problemlös­ung so nah. Nur Mut – warum nicht das Institut der Leibeigens­chaft wieder aufleben lassen? Das hat sich jahrhunder­telang bewährt, ohne dass es Beschwerde­n gab. Die Gemeinden bestellen ihre Personalko­ntingente direkt und ohne Verwaltung­saufwand bei ihm, keine Diskussion mehr um Ein-Euro-Jobs, und die Wohnsitzpf­licht tritt automatisc­h ein. Entlassung ist möglich – Österreich ist schließlic­h der Menschenre­chtskonven­tion beigetrete­n, die Sklaverei nicht vorsieht – bei sofortiger Ausreise.

Sobotka sollte nicht zu lange zögern, sonst kommt ihm Kurz noch zuvor. Als einer, der in der niederöste­rreichisch­en Volksparte­i asozialisi­ert wurde, weiß er schließlic­h um den Wert der Hörigkeit. Auch im Zeitalter des Handys.

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