Der Standard

Warum Bauern auf selbstfahr­ende Traktoren und Drohnen setzen

Selbstfahr­ende Traktoren, Drohnen, Satelliten­überwachun­g. In der Landwirtsc­haft halten Roboterisi­erung und Industrie 4.0 Einzug. Erste Anwendunge­n gibt es bereits. Viele Entwicklun­gen liegen in der Zukunft.

- Johanna Ruzicka

Grafenegg – Der Traktor, der auf dem Versuchsfe­ld hinter dem Schloss Grafenegg in Niederöste­rreich seine Spuren zieht, ist riesig und sauteuer. Zwischen 150.000 und 300.000 Euro kostet das Arbeitsger­ät, locker. Der Bauer, in einem futuristis­ch anmutenden Fahrerhäus­chen mit Schalensit­zen, fährt die optimale Linie. Und er weiß auf den Zentimeter genau, welche Spur er vor einem Monat gezogen hat.

Die entspreche­nde Informatio­n wird ihm auf ein Display in der Kabine eingespiel­t. Sie kommt über Satellit und wird vom nahen Lagerhaus verbreitet, wo auf dem Silodach entspreche­nde Sender angebracht wurden.

Doch kann diese Demonstrat­ion bei der Veranstalt­ung Smart Farming Day in Grafenegg im Spätsommer 2016 schon bald alt und überholt sein. In ein paar Jahren wird man ihn nämlich gar nicht mehr brauchen, den Bauern in seinem Traktorhäu­schen. Denn das, woran der USInternet­konzern Google forscht und arbeitet – das führerlose Fahren im Straßenver­kehr – das ist in der Landwirtsc­haft zum Greifen nah. John Deere, ein US-Hersteller von schwerem landwirtsc­haftlichem Gerät, arbeitet schon des Längeren in diese Richtung. Und technologi­sch ist eine führerlose Feldbestel­lung einfacher umzusetzen als Autofahren in der Stadt. Die Gefahrenqu­ellen sind auf dem Feld doch geringer.

Mensch oder Maschine

Insbesonde­re in US-Bundesstaa­ten mit riesigen Feldern samt eintönigen Monokultur­en werden solche Maschinen eingesetzt werden, meinen Experten. Überwacht von Satelliten oder einer Drohne, die vom Farmer einsam vom Feldrand aus gesteuert wird, erledigt die Maschine die Arbeit.

Auch bei einer kleinteili­geren Landwirtsc­haft wie der österreich­ischen wird der Bedarf nach Hilfsarbei­tskräften mit neuen Technologi­en und Hightech-Geräten sichtbar geringer. Bei der der- zeit anlaufende­n Weinlese werden immer öfter Lesemaschi­nen, sogenannte Traubenvol­lernter, eingesetzt. Es sind dies Maschinen, die die Trauben von den Stielen recht schonend absaugen. Blätter oder Stiele, die mit abgerissen werden, werden ausgeschie­den und die Trauben vermaischt. Die arbeitsauf­wändige händische Lese kommt nur mehr bei Topqualitä­ten zum Einsatz – oder dort, wo es aufgrund der Topografie nicht möglich ist, etwa bei den Terrassen in der Wachau.

Natürlich machen intelligen­te Maschinen auch vor der Tierzucht nicht halt. In der Milchwirts­chaft haben extrem leistungsf­ähige Robotermas­chinen Einzug gehalten. Sie erklären zum Teil, warum der Milchmarkt in der EU von Überkapa- zitäten und Preisverfa­ll gar so geprägt ist.

Denn die Melkmaschi­nen von früher, die das händische Melken unnötig machten, wurde mit Ende des EU-Milchquote­nsystems häufig vom Milchrobot­er abgelöst. Dieser lockt die Kuh mit Kraftfutte­r an. Ein Roboterarm setzt dann das Geschirr an und melkt los. Sollte die Kuh, angelockt vom Futter, zu oft vorbeikomm­en wollen, erkennt dies die Zutrittsko­ntrolle. Die Kuh hat einen entspreche­nden Chip, und der Balken, der Zutritt zum Melkrobote­r gewährt, geht erst gar nicht auf.

Großeinhei­ten bevorzugt

So eine Melkmaschi­ne kostet gut und gerne 150.000 Euro und lohnt erst ab 50 Kühen. Aufgrund ihres hohen Preises und ihrer Arbeitskap­azität musste in der Regel auch ein neuer Stall für mehr Kühe angeschaff­t werden. Dies erklärt, weshalb Appelle an die hochversch­uldeten EU-Milchbauer­n, doch weniger anzuliefer­n, gar so wenig fruchteten.

Grundsätzl­ich haben kleinbäuer­liche Strukturen schlechter­e Karten bei dieser Ausrichtun­g auf neue Technologi­en. Die Arbeitsger­äte sind viel zu teuer. Der Vorteil in Kleinbetri­eben, dass man viel selbst machen kann und selten Arbeitskrä­fte benötigt, fällt weg. Doch können einige Maschinen gemietet werden, bei Maschinenr­ingen und Lagerhäuse­rn.

Einer der Services, die da angeboten werden, sind Dienstleis­tungen rund um Drohnen. Diese machen Inspektion­sflüge und diverse Bildaufnah­men von Agrar- und Forstfläch­en. Auch bei der Schädlings­bekämpfung, etwa beim Maiszüngle­r, treten Drohnen in Aktion.

Wegen der Möglichkei­ten der Digitalisi­erung und punktgenau­en Satelliten­überwachun­g kommt es in der Landwirtsc­haft derzeit zu einer ähnlichen Aufbruchst­immung wie in anderen Wirtschaft­sbereichen beim „Internet der Dinge“oder der „Industrie 4.0“. Man erwartet sich produktivi­tätssteige­rnde oder kostensenk­ende Innovation­en, fast ähnlich wie bei der „grünen Revolution“der 1960er-Jahre. Die RWA-Gruppe (Raiffeisen Ware Austria) hat ein Agro-Innovation­Lab gestartet, bei dem es darum geht, die Ideen von Junguntern­ehmen in diesem Bereich zu fördern.

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Mit der Aussicht auf Futter trottet die Kuh freiwillig in den Melkrobote­r. Drohnen verstreuen über Maisfelder schneeball­artige Kugeln mit einem Mittel gegen Maisschädl­inge.
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Foto: Imago/Müller Die Drohne inspiziert das Feld und kann Auffälligk­eiten erkennen.

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