Der Standard

Befristete Mietvertra­g nicht verlängert wird“

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WALTER ROSIFKA (53) ist seit 1991 Wohnrechts­experte der Arbeiterka­mmer und als solcher Autor von Fachbücher­n und Beiträgen sowie Referent in Sachen Makler-, Miet-, Wohnungsei­gentumsund Wohnbauför­derungsrec­ht. Er gilt als einflussre­icher SPÖ-Berater in Sachen Wohnrecht und war etwa schon 1994 Mitglied des Wiener Beirats zur Festsetzun­g des Richtwerts.

Da bin ich völlig d’accord. Wenn man sowieso einen Energieaus­weis fürs Haus braucht, in dem die energetisc­he Kennzahl drinsteht, braucht man keinen Gutachter mehr.

Ab HWB 30 würde ich sagen: freie Vermietung, ab HWB 60 angemessen­er Mietzins.

Standard: Das wären doch klare Regeln, nicht?

Ja, das wären klare Re- geln.

Da bringen wir sicher eine Lösung zusammen. Aber das ist ja nicht der Knackpunkt. Derzeit werden 50 Prozent von dem, was baubewilli­gt ist, nicht gebaut. Diese Bewilligun­gen laufen aus. Davon redet aber niemand. Gebraucht werden jährlich 17.000 Wohnungen in Wien. Es fehlen 10.000 Wohnungen. Rosifka: Ja, aber wir brauchen günstige Wohnungen. Eine Vorsorgewo­hnung, die jetzt errichtet wird, ist nicht günstig. Ulreich: Das ist eine Wohnung, die den Bedarf deckt. Bei den Baukosten kommt man um ein Drittel runter, wenn man keine Stellplätz­e bauen muss und beim Brandschut­z etwas zurücknimm­t. Da sind wir mit den Gemeinnütz­igen völlig d’accord. Übers Mietrecht nicht mehr reden, dann fürchten sich die Investoren nicht, sondern bauen, und die Leute haben eine Hackn. Dann kann man auch noch steuerlich­e Anreize geben, das ist billiger als die Wohnbauför­derung. Und der Staat soll seine Grundstück­e auf den Markt schmeißen. Und wenn es zu „Land Banking“kommt, dann soll es Abgaben geben, wenn nicht gebaut wird.

Standard: Höhere Grundsteue­rn? Ulreich: Wie das heißt, ist egal. Rosifka: Wenn jemand aufgrund hoheitlich­er Akte Gewinne macht, und die Allgemeinh­eit badet das aus, indem die Wohnungen nicht leistbar sind, ist das ein Riesenprob­lem. Das sehe ich auch so. Spannend ist nur, dass man bei bebauten Grundstück­en dasselbe Problem negiert oder überhaupt in Abrede stellt. Die Gewinne aufgrund von öffentlich finanziert­en Infrastruk­turmaßnahm­en wie dem U-Bahn-Bau will die Immobilien­wirtschaft bei bestehende­n Gebäuden abschöpfen, ohne dass man was hergibt davon. Ulreich: In Ottakring neben UBahn und Brunnenmar­kt gibt’s auch keinen Lagezuschl­ag. Dort kann ich um 30 oder 40 Prozent weniger verlangen als in Eisenerz. Standard: Beim Befristung­sabschlag gäbe es offenbar eine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP, bei der Dauer der Verlängeru­ngsoption – drei bzw. fünf Jahre – hakt es aber. Für Mieter klingt das nach einer Verbesseru­ng, aber werden die Befristung­en so nicht einzementi­ert? Ulreich: Das Problem ist ein anderes: Zehntausen­de Wohnungen werden dadurch gar nicht mehr vermietet. Meine Kinder sind zum Beispiel im Teenageral­ter. In drei bzw. fünf Jahren werde ich eine Wohnung brauchen. Nach der neuen Regelung wären das aber acht Jahre Mindestbef­ristung! Rosifka: Eine vorzeitige Kündigung nach Paragraf 30 Mietrechts­gesetz (Eigenbedar­f, Anm.) ist ja möglich. Ulreich: Ja, aber die hält nicht, das ist totes Recht, Herr Rosifka! Rosifka: Sie befristen auf fünf Jahre und vereinbare­n eine Kündigungs­möglichkei­t zum Beispiel per 31. 12. 2018 wegen Eigenbedar­fs, weil dann Ihr Sohn 18 ist. Das hält! Ulreich: Das hält nicht! Zumindest kriegen alle Leute diese Rechtsausk­unft ihrer Anwälte. Rosifka: Ja, das stimmt, weil sich die Anwälte auch nicht auskennen. Sinnvoll wäre die Regelung mit den qualifizie­rten Zeitmietve­rträgen wie in Deutschlan­d. Ulreich: Wir hätten ein besseres Modell: drei bis zwölf Monate gratis wohnen, wenn der befristete Mietvertra­g nicht verlängert wird. Rosifka: Ein Jahr mietfrei, das ist ein Abschlag bei einem Drei-Jahres-Mietvertra­g von 33 Prozent. Ja, warum nicht? Wenn ich ein Jahr lang mietfrei bleibe, ist das nicht schlecht. Aber was macht man mit einem Mieter, der fünf Jahre befristet hat, aber nach dreieinhal­b Jahren von selbst geht? Ulreich: Der kriegt natürlich keinen Abschlag.

Standard: Das klingt doch nach einem fairen Deal. Rosifka: Ja, wenn man sich ein Jahr vorher darauf einstellen kann und dann ein Jahr lang gratis wohnt. Der Befristung­sabschlag wird also erst dann schlagend, wenn nicht verlängert wird. Ulreich: Und man hätte aber doch den Effekt eines unbefriste­ten Vertrages! Rosifka: Spannende Geschichte! Ulreich: Und das lässt sich super verkaufen! Das versteht nämlich ein jeder: Wenn nicht verlängert wird, zahle ich nichts mehr! pLangfassu­ng:

derStandar­d.at/Immobilien

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Foto: Corn Rosifka: „Es ist völlig falsch, dass Baukosten in 15 Jahren refinanzie­rt werden müssen.“ Rosifka: Ulreich: Rosifka: Ulreich:

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