Rekordsäuberung im türkischen Staat gegen Beamte
Erdogan entlässt per Dekret mehr als 50.000 Bedienstete
Ankara/Athen – Ein Konto bei der Bank Asya ist ganz schlecht, ein Karrieresprung nach einer glänzend bestandenen Prüfung sehr verdächtig: Die Kriterien, nach denen Staatschef und Regierung in der Türkei den Beamtenapparat des Landes seit dem gescheiterten Putsch im Juli säubern, sind weit gefasst. Mit dem jüngsten, in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Dekret haben Tayyip Erdogan und sein Premier die Rekordzahl von 50.589 Beamten entlassen.
Einspruch bei Gericht ist nicht möglich, Wiedereinstellung nicht vorgesehen, Abstimmung im Parlament auch über dieses NachtDekret später einmal im Herbst: Der türkische Staatspräsident regiert mit der Vollmacht des Ausnahmezustands. Und der gilt zunächst bis 20. Oktober.
Manipulationsvorwürfe
Das Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen soll seine Mitglieder vor allem durch Manipulationen bei Beamtenprüfungen in der staatlichen Verwaltung platziert haben. Hinweise darauf gab es immer wieder, wurden aber von den türkischen Regierungen nicht allzu ernst genommen. Die 1996 gegründete Bank Asya – sie wurde nach dem Putsch zwangsgeschlossen – galt dabei als ein Geldinstitut des Gülen-Netzwerks.
Premier Binali Yildirim gab im August die Zahl der suspendierten Staatsbediensteten mit rund 81.000 an; darunter waren 3000 Soldaten. Knapp zwei Drittel der Fälle endeten nun offenbar mit Kündigung. Per Dekret waren am 17. August bereits 5500 Beamte entlassen worden. Somit wurden bisher mindestens 56.000 Bedienstete gekündigt.