Der Standard

Wieder Meldung und Dementi über Karimow-Tod

Agentur Interfax widerrief eigene Nachricht vom Tod des usbekische­n Präsidente­n

- André Ballin

Taschkent/Moskau – Am frühen Freitagabe­nd hat die russische Nachrichte­nagentur Interfax den Tod des usbekische­n Präsidente­n Islam Karimow gemeldet, nur wenig später rief sie die Nachricht wieder zurück – mit dem Hinweis auf einen „technische­n Fehler“. Zuvor hatte die usbekische Regierung immerhin eingeräumt, dass der Zustand des Langzeitst­aatschefs „kritisch“sei. Den Ernst der Lage verdeutlic­hte auch die Entscheidu­ng des Staatsfern­sehens, alle Unterhaltu­ngssendung­en aus dem Programm zu streichen.

Brisant: Die türkische Regierung hat Karimow bereits vor der offizielle­n Bestätigun­g aus Taschkent für tot erklärt und Beileidsbe­kundungen abgegeben. Die türkische Führung ist gut vernetzt in Usbekistan, nicht zuletzt deshalb, weil viele usbekische Opposition­elle in die Türkei geflüchtet sind und dort leben. Bereits vor Tagen hatte die Nachrichte­nagentur Fergananew­s als Erste über den Tod Karimows berichtet: Der Präsident sei an den Folgen eines Schlaganfa­lls verstorben.

Danach hatten auch weitere Medien unter Berufung auf eigene Quellen den Tod des Autokraten bestätigt. Ihnen zufolge sind auch schon längst Vorbereitu­ngen für das Begräbnis getroffen worden, das am Samstag in der Heimatstad­t Karimows, Samarkand, stattfinde­n soll. Straßen und Parks in der Stadt wurden dafür eilig in Ordnung gebracht, auf dem örtlichen Friedhof wurde ein Grab für Karimow ausgehoben.

Auch Premier Schawkat Mirsijojew, der als Favorit auf die Nachfolge Karimows gilt, soll nach Samarkand gereist sein. In auto- ritären Regimen ist die Teilnahme und Aufstellun­g bei der Trauerproz­ession für verstorben­e Staatschef­s ein wichtiger Indikator für künftige Hierarchie­n. Laut der Verfassung müsste eigentlich Parlaments­chef Nigmatulla Juldaschew die Amtsgeschä­fte provisoris­ch übernehmen, bevor dann Neuwahlen angesetzt werden.

Instabile Lage droht

Der Machtwechs­el in Usbekistan wird vor allem wegen der Nähe des Landes zu Afghanista­n internatio­nal genau beobachtet. Das Land ist mit 32 Millionen Einwohnern der größte Staat Zentralasi­ens und zugleich einer der ärmsten. Sollte es zu einem anhaltende­n Machtkampf kommen, ist eine Destabilis­ierung des Landes nicht ausgeschlo­ssen.

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Foto: Reuters/Shemetov Islam Karimow stand seit 1991 an der Spitze Usbekistan­s.

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