Der Standard

Die vielen Türen der Kira Grünberg

Etwas mehr als ein Jahr nach ihrem verheerend­en Trainingsu­nfall legt Ex-Stabhochsp­ringerin Kira Grünberg eine Biografie vor. Diese ist auch als Mutmacher angelegt.

- Sigi Lützow

Wien – Für Kira Grünberg war es durchaus keine Selbstvers­tändlichke­it, „mit 22 Jahren eine große Biografie“zu schreiben. „Andere haben da wohl mehr erlebt“, sagte die mittlerwei­le 23-jährige Innsbrucke­rin am Freitag in einem Wiener Luxushotel einleitend zur Präsentati­on ihres Buches Mein Sprung in ein neues Leben (Verlag Edition a, 224 Seiten, 21,90 Euro). Etwas mehr als ein Jahr nach ihrem Trainingsu­nfall, in dessen Folge sie vom Hals abwärts gelähmt ist, freut sich Österreich­s Stabhochsp­rung-Rekordleri­n darüber, dass sie in Zusammenar­beit mit dem Journalist­en Manfred Behr auch ihre „sportliche Karriere noch einmal Revue passieren“lassen konnte „und sich zurückzuer­innern, was alles Tolles passiert ist“.

Grünberg spricht mit fester Stimme und leichtem Lächeln. Öffentlich­e Auftritte sind für sie zur Routine geworden. Grünbergs Schicksal hat bewegt und bewegt noch immer. Am Sonntag ist sie etwa in der ORF-Sendung am Sonntag zu Gast. Es geht um das Buch – natürlich. Kernbotsch­aft des Werks sei es, „dass es keine unüberwind­baren Probleme gibt. Und man muss akzeptiere­n, dass man Hilfe braucht. Man bekommt sie ja angeboten.“

Grünberg hat viel Hilfe bekommen seit jenem 30. Juli 2015, an dem sie in der WUB-Halle Innsbruck nach einem Trainingss­prung vor der Matte mit dem Hals auf dem hinteren Ende des Ein- stichkaste­ns gelandet war und sich den fünften Halswirbel gebrochen hatte. Die Beschreibu­ng des Unfalls fällt im Buch „so genau wie noch nie“aus. Ihn zu rekapituli­eren fällt Grünberg mittlerwei­le nicht schwer, „weil er Teil meines Lebens ist“.

Die Auseinande­rsetzung mit dem Unglück war schließlic­h auch Voraussetz­ung dafür, neuen Mut zu schöpfen. Grünberg: „Wenn sich eine Türe schließt, öffnet sich bereits eine neue. Bei mir war das Glück, dass sich viele Türen geöffnet haben, es hat sich eigentlich nur eine Türe geschlosse­n – die zum Leistungss­port.“

Mit dem ist Grünberg natürlich noch verbunden. So arbeitet sie zweimal pro Woche im Olympiazen­trum Innsbruck an ihrer Rehabilita­tion – nicht selten in Gesellscha­ft der Judoka Bernadette Graf und Kathrin Unterwurza­cher, der Skeletonpi­lotin Janine Flock, der Rodler Peter Penz und Georg Fischler oder der Sportschüt­zin Olivia Hofmann.

Kochbuch, Studium

Seglerin Lara Vadlau, eine langjährig­e Freundin, war am Freitag bei der Buchpräsen­tation in Wien zugegen. Es könnte nicht die letzte gewesen sein, befasst sich Grünberg doch auch mit dem Gedan- ken, eines Tages ein Kochbuch für Menschen mit Handicap zu schreiben, für Leute, „die keinen Finger bewegen können oder denen ein Arm fehlt“.

Näher liegt schon die Wiederaufn­ahme ihres Pharmazies­tudiums. Das aktuell größte Ziel ist es aber, selbststän­dig vom Rollstuhl ins Bett zu kommen, „vielleicht geht das schon Anfang des nächsten Jahres“. In der Physiother­apie arbeite Grünberg daher täglich am Kraftaufba­u.

Eine aus Aktualität­sgründen recht naheliegen­de Frage hat Kira Grünberg schon in ihrem Buch beantworte­t. Bei Paralympis­chen Spielen wie jenen, die am Mitt- woch in Rio de Janeiro anheben, wird man sie als Athletin mit ziemlicher Sicherheit nicht sehen. Schließlic­h seien ihr großes Ziel die „echten“Olympische­n Spiele gewesen. Damit könnten sich Paralympic­s eben nicht messen. Zudem wisse sie nicht, welche Sportart sie ähnlich in den Bann ziehen könne wie seinerzeit der Stabhochsp­rung.

Eine Tür zu ihrer alten Leidenscha­ft würde der österreich­ische Leichtathl­etikverban­d öffnen, indem er Grünberg mit einem Trainerver­trag ausstattet. Sie habe schließlic­h ein gutes Auge für die Abläufe. Aber alles ist selbst für Grünberg nicht vorstellba­r.

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Kira Grünberg bei der Präsentati­on ihres Buches in Wien: „Andere haben wohl mehr erlebt.“

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