Ausmisten im Stall
Jens Rachut kann es nicht lassen: Mit seiner Band Alte Sau kommt der Altpunker am Samstag nach Linz und sorgt für schöne Unordnung.
Linz – Denkt man an Punk aus deutschen Landen, fallen einem normalerweise die Politanarchos Slime oder – wenn man es kommerzieller mag – Die Toten Hosen oder Die Ärzte ein. Eine veritable Legende ist aber auch der Hamburger Jens Rachut (Jahrgang 1954), der seit mehr als 30 Jahren in der Szene aktiv ist.
Unzählige Bands hat Rachut initiiert: In den frühen Achtzigern Angeschissen, in den Neunzigern Blumen am Arsch der Hölle. Es folgten Dackelblut, Kommando Sonne-nmilch und Oma Hans. Zuletzt dockte der umtriebige Sänger und Songtexter mit N.R.F.B. (Nuclear Raped Fuck Bomb) an die elektronisch-experimentelle Phase von Kommando Sonne-nmilch an und belebte den rauen Punkrock aufs Neue.
Vor drei Jahren hob Rachut mit Raoul Doré (Schlagzeug) und Rebecca Oehms (Heimorgel, Synthesizer, Gesang) schließlich die nächste Band aus der Taufe: die Alte Sau.
Nachdem er zuletzt vor allem mit räudigen Gitarrenriffs Stimmung machte, gibt sich Rachut mit Alte Sau nunmehr wieder elektronischer – und kommt dennoch ganz ohne Stromruder aus. Tastenspielerin Rebecca Oehms, die schon bei N.R.F.B. mitwirkte, hilft dabei mit artigem Gesang aus. Doch artig ist die Alte Sau ansonsten keineswegs: Wie in alten Zeiten schimpft Rachut über die herrschenden Verhältnisse, wobei es ihm weniger um große Politik geht denn um Alltagsszenarien. In Besitz kritisiert er Beziehungen, in denen dem Partner kein Millimeter Spielraum gelassen wird, Hexenjagd nimmt die Religion aufs Korn, und von politischer Korrektheit hält der Altpunk ebenso wenig wie vom nervenden Gerede der Menschen und den allgegenwärtigen Kommentaren der lieben Mitmenschen zu Gott und der Welt.
Das muss man einem Urgestein wohl zugestehen, zumal es seinen Weltekel in einen Sound verpackt, der an frühe NDW-Combos denken lässt. Das klingt dann bisweilen disharmonisch, manchmal bedrohlich, ein liebreizender Frauenchor liefert den schönen Kontrast zu Rachuts mürrischen Wutausbrüchen, die seine Seelenverwandtschaft zum Großgrantler Mark E. Smith belegen.
Heute, Samstag, erfolgt die Herbstsaison-Eröffnung in der Linzer Kapu, davor bittet das Wiener Quartett Kometa in den Moshpit: mit einem Mix aus Punkrock, Slowcore, Postrock und Americana. Freier Eintritt. 3. 9., Linz, Kapu, Kapuzinerstr. 36, 19.00 pwww. kapu.or.at