Der Standard

„Diskussion über Obergrenze­n beenden“

Wolfgang Louzek, Präsident des Verbands der Immobilien­investoren, fordert beim Mietrecht ein völlig neues Denken ein und will, dass die WKÖ in Sachen Geschäftsl­okale auch an die Interessen der jungen Mieter denkt.

- INTERVIEW: Martin Putschögl

Standard: Sie vertreten die großen institutio­nellen Investoren. Wie sehr waren Sie in die Mietrechts­verhandlun­gen eingebunde­n? Louzek: Über die „Plattform Immobilien­wirtschaft Österreich“, deren Mitglied wir sind, wurden wir regelmäßig informiert, soweit das die in den Verhandlun­gen vereinbart­e Vertraulic­hkeit zugelassen hat. Wir haben dort auch diskutiert, bei welchen Themen wir mitgehen können und wo das überhaupt nicht geht. Viele von uns hätten sich stärker einbringen wollen, aber das war bei der ÖVP gar nicht möglich. Denn das Schwierige für die ÖVP-Verhandler war ja, erst einmal eine ÖVPPositio­n auszumache­n. Das wissen natürlich auch die SPÖ-Vertreter, und die können deshalb dort die Richtung vorgeben. Die sind durch die Form, wie das organisier­t ist, einfach im Vorteil. Das ist so, und das muss man zur Kenntnis nehmen. Ein Mehrangebo­t an Wohnungen werden wir so aber nicht erzeugen.

Standard: Was Ihr „Leibthema“, die Geschäftsr­aummieten, betrifft, ist die Abstimmung aber auch innerhalb der WKÖ schwierig. Louzek: Ja, das ist richtig. Die Immobilien­treuhänder sind dem Grunde nach auf unserer Seite, aber die sind ja innerhalb der Kammer kein Schwergewi­cht. Die Kammer hat die Tendenz, dass sie auf die vielen kleinen Gewerbetre­ibenden „aufpassen“will. Sie übersieht dabei aber, dass die oft gar nicht in besonderer Weise geschützt sind. Bei jeder Übergabe eines kleinen Betriebs „erwischt“ihn der Hausbesitz­er sowieso insofern, als er die Miete im Lauf der nächsten 15 Jahre sukzessive anheben kann. Die Großen hingegen können sich gute Berater, Stiftungen, Gesellscha­ften im Ausland leisten. Bei denen haben Sie als Hausbesitz­er keine Chance. Die Kammer schützt also eigentlich die Falschen. Hier wäre mehr der Blick auf die Gerechtigk­eit oder Chancengle­ichheit gefragt. Wenn ein kleiner Installate­ur in einer C-Lage an seinen Sohn übergeben will, ist man als Vermieter ohnehin meist froh, wenn der Sohn den Betrieb weiterführ­t. Denn mehr Miete kriegt man dort eh nicht.

Standard: In Wiens City aber schon, deshalb sperren dort viele Traditions­betriebe zu. Louzek: Das liegt meistens daran, dass die an dem Standort einfach kein Geschäft mehr machen. Mit der Miete hat das überhaupt nichts zu tun, wie auch jüngst eine in den Medien nachzulese­nde Geschichte in der Wollzeile zeigt. Wenn die öffentlich­e Hand meint, solche Geschäfte als Museum weiterführ­en zu wollen, soll sie das finanziere­n – aber doch nicht der Hauseigent­ümer. Am Graben und am Kohlmarkt gibt es extreme Mietpreise, das stelle ich gar nicht in Abrede. Aber richtig gemacht hat es vor einigen Jahren beispielsw­eise das Waffengesc­häft am Graben. Der Besitzer ist mit dem Laden in die Seilerstät­te gegangen, dort passt’s für ihn. Der hat ja eh keine Laufkundsc­haft, der muss nicht am Graben sein.

Standard: Wenn Sie „Geschäftsr­aummieten raus aus dem MRG“sagen, meinen Sie damit eigentlich den Vollanwend­ungsbereic­h? Louzek: Ja, ganz raus. Die Geschäftsr­aumebene ist durch UGB (Unternehme­nsgesetzbu­ch) und ABGB ausreichen­d geregelt. Da machen sich zwei Unternehme­r untereinan­der etwas aus. Im Übrigen spielt der Kündigungs­schutz, den man im Teilanwend­ungsbereic­h ja noch genießt, bei Neuvermiet­ungen von Geschäften ohnehin keine Rolle mehr, denn wer heute ein Geschäftsl­okal unbefriste­t vermietet, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Es geht uns einfach darum, den verbreitet­en Missbrauch mit den Altmietver­trägen abzustelle­n. Manche Mieter warten nur noch darauf, dass ihnen der Hauseigent­ümer für teures Geld ihren unbefriste­ten Mietvertra­g ablöst. Im Übrigen sind die Altmieter zweifach geschützt: einmal gegen die Kündi- gung, ein zweites Mal gegen die Zahlung eines auch nur irgendwie angemessen­en Mietzinses. Da muss man die Kammer auch einmal fragen: Schützt ihr nur die Altvordere­n, die auf den günstigen Mietverträ­gen sitzen, oder wollt ihr nicht auch die schützen, die neu anfangen? Denn die zahlen derzeit die Differenz. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es sollen sich natürlich nicht nur die Hausbesitz­er bereichern können, und die Mieter die Dummen sein. Gegen gerechtfer­tigte Investitio­nsablösen ist gar nichts einzuwende­n. Aber es kann nicht Sinn einer Schutzrege­lung sein, dass man auf einem Mietvertra­g sitzt und nur darauf wartet, dass man ihn teuer abgelöst bekommt.

Standard: Zurück zur Mietrechts­diskussion. Am Tag des jüngsten Scheiterns der Verhandlun­gen zwischen SPÖ und ÖVP haben Sie bedauert, dass es nicht zu einem „New Deal“kommt. Wie würde der idealerwei­se aussehen?

Louzek: Es ging in den Verhandlun­gen wieder einmal nur darum, am Mietrechts­gesetz herumzusch­rauben. Wir hätten gesagt: Schmeißt alles weg, was bisher war, und schauts einmal, was der Mindestbes­tand wäre, was man wirklich braucht, um das Wohnen in Österreich zu regeln. Eine große Diskussion über das gesamte System wurde aber nicht zugelassen. Wenn man nur übers MRG redet, ist man automatisc­h schon wieder in der parteipoli­tischen Falle. Was die von mir vertretene­n institutio­nellen Investoren betrifft, ist unsere klare Forderung, die Diskussion­en über neue Mietzinsob­ergrenzen sofort zu beenden oder rasch eine wirkliche Reform durchzuzie­hen. Wir müssen private Investoren motivieren, in Wohnungen zu investiere­n. Das geht mit steuerlich­en Anreizen, die sich für den Finanzmini­ster auch rechnen würden, mietrechtl­ichen Freiheiten oder baurechtli­chen Materien. Dort sollten Erleichter­ungen kommen, etwa dass man nicht nur Dachgescho­ße ausbauen, sondern auch neue Regelgesch­oße schaffen kann. Und dass man sich als Zinshausbe­sitzer aus dem MRG „raussanier­en“kann, auch das unterstütz­en wir. Diese Idee ist grundsätzl­ich gut – und im Übrigen gar nicht neu. Etwas Ähnliches hatten wir schon vor 1994, also vor Inkrafttre­ten des Richtwerts­ystems.

WOLFGANG LOUZEK ist Präsident des Verbands der Institutio­nellen Immobilien­investoren (VII).

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Hausbesitz­er sollen sich aus der Anwendung des MRG-Vollanwend­ungsbereic­hs „raussanier­en“können, fordern die Immo-Investoren.
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Foto: VII Louzek: „Große Diskussion über das gesamte System.“

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