Der Standard

Corbyn vergrößert sein Mandat

Linkspolit­iker mit 61,8 Prozent an Parteispit­ze bestätigt

- Sebastian Borger aus Liverpool

Der britischen Labour-Partei stehen nach der Wiederwahl des Parteilink­en Jeremy Corbyn erhebliche Änderungen bevor. Er wolle den mittlerwei­le 680.000 Mitglieder­n mehr Mitsprache­rechte einräumen, teilte der mit 61,8 Prozent im Amt Bestätigte am Wochenende mit: „Wir müssen die innerparte­iliche Demokratie stärken.“Den Anhängern seines unterlegen­en Herausford­erers Owen Smith versprach er beim Jahrestref­fen in Liverpool Entgegenko­mmen.

Corbyn kann sich auf ein überwältig­endes Mandat stützen. Sowohl Mitglieder und Angehörige Labour-naher Gewerkscha­ften sowie registrier­te Parteisymp­athisanten entschiede­n sich mit klarer Mehrheit für den Londoner Veteranen. Laut einer Umfrage von YouGov entschiede­n sich allerdings Mitglieder, die schon vor der Unterhausw­ahl 2015 zu Labour gehörten, mehrheitli­ch für Smith.

Seit Corbyns Kandidatur und späterer Wahl im Sommer 2015 hat sich die Zahl der Mitglieder verdreifac­ht, Labour ist damit in Westeuropa die größte Partei. Die meisten Neu-Mitglieder sind Anhänger der – jedenfalls im britischen Spektrum – weit links angesiedel­ten Ideen des Vorsitzend­en. Viele junge „Corbynista­s“(so die Selbstbeze­ichnung) haben sich in der Aktivisten­gruppe „Momentum“zusammenge­schlossen, in Liverpool treffen sie sich in einer umgebauten Freikirche, zwanzig Minuten vom Kongressze­ntrum entfernt. Dort finden bis Mittwoch auch die Parteitags­debatten statt.

Der zweite Wahlgang binnen zwölf Monaten war nötig geworden, weil die Parlaments­abgeordnet­en ihrem Chef Anfang Juli – nach dem Brexit-Votum – zu 80 Prozent das Misstrauen ausgesproc­hen hatten. Als Corbyn den Rücktritt verweigert­e, einigten sich die Rebellen auf den weitgehend unbekannte­n Smith als Kandidaten. Allerdings stellte dessen Wahlkampf für viele Angehörige des rechten Flügels und der Parteimitt­e eine Enttäuschu­ng dar, in vielen Positionen unterschie­d er sich kaum von seinem Gegner.

Für die Corbyn-Skeptiker stellt sich jetzt die Frage, inwieweit sie mit ihm zusammenar­beiten wollen. Prominente Abgeordnet­e wie Rachel Reeves und Chuka Umunna wollen auf keinen Fall in Corbyns Schattenka­binett dienen. Der Londoner Bürgermeis­ter Sadiq Khan mahnte am Sonntag zum Kompromiss. „Wir können die Lebensverh­ältnisse der Menschen nur verändern, wenn wir Wahlen gewinnen“, sagte er der Sunday Times.

 ?? Foto: AFP / Oli Scarff ?? Die Mitglieder der britischen Sozialdemo­kraten erteilten den „New Labour“Ideen erneut eine Absage.
Foto: AFP / Oli Scarff Die Mitglieder der britischen Sozialdemo­kraten erteilten den „New Labour“Ideen erneut eine Absage.

Newspapers in German

Newspapers from Austria