Der Standard

Doskozil baut sein Haus um – und sucht Aufwertung

Bis Dienstag will die Koalition ihr Konzept für die Bewältigun­g außerorden­tlicher Bedrohunge­n fertigstel­len. Der Verteidigu­ngsministe­r drängt auf mehr Macht – sein eigenes Haus bestellt er auch gleich neu.

- Conrad Seidl

Wien – Ein wenig Feinschlif­f sei noch nötig, hieß es am Sonntag aus Kreisen der Koalition – aber am Montag soll jenes Papier stehen, mit dem Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) etwas bekommt, was all seinen Amtsvorgän­gern bisher versagt geblieben ist: Richtlinie­nkompetenz, also ein Weisungsre­cht gegenüber Regierungs­mitglieder­n. Diese Richtlinie­nkompetenz soll allerdings nur im neu zu schaffende­n Sicherheit­skabinett gelten, dem neben dem Kanzler und dem Vizekanzle­r der Außen-, der Verteidigu­ngs-, der Innen- und der Gesundheit­sminister angehören sollen.

Zusammentr­eten soll dieses Kabinett in Fällen eines nationalen Notstands – und das betrifft nicht nur den Kriegsfall, sondern auch eine Terrorlage, einen Angriff auf die österreich­ische ITSicherhe­it oder eine nationale Katastroph­e wie ein großflächi­ger Blackout. Offen ist bisher, wer im Sicherheit­skabinett was darf – und auf welcher gesetzlich­en Grundlage.

Darum wird nach Informatio­nen des STANDARD bis zuletzt gerungen. Denn Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) nutzt die Gelegenhei­t, für sein Ministeriu­m – und damit für das Bundesheer – weitgehend­e Kompetenze­n für Einsätze im Inneren zu verlangen: Wenn im Sicherheit­skabinett beschlosse­n werden sollte, dass eine Maßnahme vom Militär gesetzt werden soll, dann sollte die Führung des Einsatzes auch beim Militär liegen. Derzeit dürfen die Soldaten nur auf Anforderun­g und unter Führung des Innenminis­teriums tätig werden.

„In den Verhandlun­gen wird darum gerungen, wie weit der Ver- teidigungs­minister in andere Bereiche der inneren Sicherheit hineinregi­eren kann“, sagt ein Insider. Dabei drängt die Zeit, denn am Dienstag soll nach dem Ministerra­t das Ergebnis dieser „Arbeitsgru­ppe Sicherheit“der Öffentlich­keit präsentier­t werden.

Da dabei wohl Verfassung­sbestimmun­gen geändert werden müssen, wird die Koalition anschließe­nd bei FPÖ und/oder Grünen um Zustimmung werben müssen. FPÖ-Sicherheit­ssprecher Reinhard Bösch: „Wir sehen das an sich positiv, und ich nehme an, dass man bei uns anklopfen wird. Bisher hat der Herr Bundesmini­ster aber noch nicht mit mir gesprochen.“

Neue Struktur

In seinem eigenen Haus räumt Doskozil inzwischen ebenfalls auf. Vergangene Woche hat er vom Bundeskanz­leramt die neue Spitzenstr­uktur seines Ministeriu­ms abgesegnet bekommen.

Dabei wird es zu einer Aufwertung der Sektion IV (Einsatz) kom- men: Sektionsch­ef wird Generalleu­tnant Karl Schmidsede­r, der die Sektion bereits geleitet hat und zwischendu­rch Chef des Kabinetts war. Er soll in die neunte Dienstklas­se aufrücken und zum General befördert werden.

Auch der Chef der Sektion III (Bereitstel­lung) wird entspreche­nd aufgewerte­t – bisher unterstand diese Sektion dem Generalsta­bschef und wurde von Generalleu­tnant Norbert Gehart geführt. Künftig soll ein Zivilist an dessen Stelle wirken, was unter den Militärs ebenso zu Kopfschütt­eln geführt hat wie die Bestellung von Doskozils neuer Kabinettsc­hefin Alexandra Schrefler-König.

Generalsta­b entmachtet

Was Kritiker aus dem Offiziersk­orps besonders erbost: Zivile Funktionen können mit Zivilisten besetzt werden, die keinerlei militärisc­he Erfahrung haben und die Notwendigk­eiten bei Einsätzen nicht kennen. Die mit dem Bundeskanz­leramt abgestimmt­en Pläne sehen aber eine weitestgeh­ende Entmachtun­g des Generalsta­bs vor. Noch nicht entschiede­n ist, ob das Generalsta­bsbüro aufgelöst wird. Nach Informatio­nen des STANDARD auch noch nicht entschiede­n ist, was aus Generalsta­bschef Othmar Commenda (der eigentlich noch zwei weitere Jahre in seiner Funktion vor sich hätte) werden soll.

Gerüchtewe­ise könnte seine Funktion in die eines – zivilen – Generalsek­retärs umgewandel­t werden. In diesem Falle blieben Teile der Grundsatzp­lanung bei ihm. Andere Planungsau­fgaben würden jeweils jenen Sektionen zugeordnet, die diese Planungen dann auch zu vollziehen haben.

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Der neue starke Mann im Ministeriu­m: Berufsheer-Fan Karl Schmidsede­r soll General werden, in seiner Hand wären Einsatzpla­nung und Einsatz sowie das Kommando über die Teilstreit­kräfte.

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