Der Standard

Mindestsic­herung: Stöger bewegt, ÖVP freut sich

Sozialmini­ster kann sich vorstellen, Geldleistu­ng zu begrenzen und Deckel einzuziehe­n

- Lisa Nimmervoll

Wien – Zum Schluss der ORF- Pressestun­de brachte Alois Stöger noch einen Wahlkampfk­lassiker unter. Nachdem er vorher die Frage nach einer vorgezogen­en Neuwahl wegen mitunter recht offenkundi­ger unüberbrüc­kbarer Differenze­n in der Regierung zurückgewi­esen hatte, beruhigte der Sozialmini­ster die 20-Jährigen da draußen mit Pensionsso­rgen so: Ihre Pension sei sicher, wenn das derzeitige umlageorie­ntierte System erhalten bleibe – „und er muss die SPÖ wählen, da hat’s immer eine gute Pension gegeben.“

Aktuell ist der Sozialmini­ster vor allem mit der Mindestsic­herung befasst. Nicht erst seit einer im neuen Profil veröffentl­ichten Wifo-Studie über die Situation in Wien, derzufolge die Mindestsic­herung dort für viele zum Dauer- zustand wird. Vor allem Flüchtling­e haben Probleme, während die Gruppe, die den vieldiskut­ierten Deckelbetr­ag von 1500 Euro erhält, mit zwei Prozent der Bezieher sehr klein ist. Sozialstad­trätin Sonja Wehsely deutete im Profil Kompromiss­bereitscha­ft bei der Mindestsic­herungsref­orm an.

Stöger betonte, dass es um Armutsverm­eidung gehe. Er wolle „gleiche Bedingunge­n schaffen“– egal, ob Inländer, an die sich diese Sozialleis­tung „in erster Linie“richte, oder andere Bezugsbere­chtigte: „Wir reden von Menschen, und wir reden von Armut. Wenn wir Armut verhindern wollen, ist der Reisepass egal. Ich will keine unterschie­dlichen Kategorien machen, keine Ausnahmen, ich will Armut verhindern.“

Allerdings gehöre dazu auch, bestimmte Werte zu akzeptiere­n: „Wer sich nicht an der Aufklärung orientiert, der hat in Österreich keinen Platz“, sagte Stöger und outete sich als „Anhänger“des Vorarlberg­er Modells einer Integratio­nsvereinba­rung, das bei Integratio­nsverweige­rung Konsequenz­en sowie mehr Gewicht für Sozialleis­tungen statt Geld vorsieht: „Das kann man durchaus umsetzen.“Er wolle das „gern mit der ÖVP besprechen“und sei „in dieser Linie sehr kompromiss­bereit“.

Auch in Sachen „Deckel“, den die ÖVP bei 1500 Euro Mindestsic­herung für Familien einziehen möchte, bekundete er „Interesse, dass es Bewegung gibt“. Er meine auch: „Die Geldleistu­ng kann man tatsächlic­h begrenzen.“Die Frage sei jedoch: „Wo ist das richtige Maß?“– und es sei „wichtig, dass Sachleistu­ngen wie zum Beispiel Wohnen angeboten werden“.

Angesichts des Vergleichs mit Erwerbsein­kommen sagte Stöger, wenn der Abstand zur Mindestsic­herung „zu gering ist, dann müssen wir die Löhne erhöhen“. Für Menschen auf der Flucht „brauchen wir tatsächlic­h andere Antworten“. Etwa das von ihm propagiert­e „Integratio­nsjahr“mit Spracherwe­rb, Wertevermi­ttlung und Kompetenzc­hecks, um eine Integratio­n am Arbeitsmar­kt vorzuberei­ten. Wer sich nicht beteiligt, „bekommt auch nichts“.

„Spät, aber doch“

Diese Aussagen kamen bei der ÖVP recht gut an. Generalsek­retär Werner Amon sah die „die Möglichkei­t zum Kompromiss“. Klubchef Reinhold Lopatka erblickte einen „ersten Schritt in die richtige Richtung – spät, aber doch“.

FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl wähnte Stöger „sozial- und arbeitsmar­ktpolitisc­h weiterhin auf dem falschen Dampfer“. Judith Schwentner, Grünen-Sozialspre­cherin, hingegen lobte ihn: „Halten Sie den Kurs!“Gerald Loacker (Neos) war verärgert über Stögers „vorbereite­te Stehsätze“, und das Team Stronach will ebenfalls nicht sofort die volle Mindestsic­herung für nicht anerkannte Flüchtling­e.

Und noch einmal zum Wahlkampf: Für Rot-Schwarz kalkuliert Stöger mit dem regulären Ablaufdatu­m 2018. Gefragt, ob die FPÖ eine Regierungs­option sei, antwortete er: „Eine starke Sozialdemo­kratie ist für Österreich besser.“Da die jedoch bei der anstehende­n Runde zwei der Bundespräs­identschaf­tsstichwah­l nicht mehr zur Dispositio­n steht, ist in dem Fall für Stöger Alexander Van der Bellen für Österreich besser.

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Foto: Matthais Cremer Sozialmini­ster Alois Stöger hat Vorarlberg im Auge – positiv.

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