Mindestsicherung: Stöger bewegt, ÖVP freut sich
Sozialminister kann sich vorstellen, Geldleistung zu begrenzen und Deckel einzuziehen
Wien – Zum Schluss der ORF- Pressestunde brachte Alois Stöger noch einen Wahlkampfklassiker unter. Nachdem er vorher die Frage nach einer vorgezogenen Neuwahl wegen mitunter recht offenkundiger unüberbrückbarer Differenzen in der Regierung zurückgewiesen hatte, beruhigte der Sozialminister die 20-Jährigen da draußen mit Pensionssorgen so: Ihre Pension sei sicher, wenn das derzeitige umlageorientierte System erhalten bleibe – „und er muss die SPÖ wählen, da hat’s immer eine gute Pension gegeben.“
Aktuell ist der Sozialminister vor allem mit der Mindestsicherung befasst. Nicht erst seit einer im neuen Profil veröffentlichten Wifo-Studie über die Situation in Wien, derzufolge die Mindestsicherung dort für viele zum Dauer- zustand wird. Vor allem Flüchtlinge haben Probleme, während die Gruppe, die den vieldiskutierten Deckelbetrag von 1500 Euro erhält, mit zwei Prozent der Bezieher sehr klein ist. Sozialstadträtin Sonja Wehsely deutete im Profil Kompromissbereitschaft bei der Mindestsicherungsreform an.
Stöger betonte, dass es um Armutsvermeidung gehe. Er wolle „gleiche Bedingungen schaffen“– egal, ob Inländer, an die sich diese Sozialleistung „in erster Linie“richte, oder andere Bezugsberechtigte: „Wir reden von Menschen, und wir reden von Armut. Wenn wir Armut verhindern wollen, ist der Reisepass egal. Ich will keine unterschiedlichen Kategorien machen, keine Ausnahmen, ich will Armut verhindern.“
Allerdings gehöre dazu auch, bestimmte Werte zu akzeptieren: „Wer sich nicht an der Aufklärung orientiert, der hat in Österreich keinen Platz“, sagte Stöger und outete sich als „Anhänger“des Vorarlberger Modells einer Integrationsvereinbarung, das bei Integrationsverweigerung Konsequenzen sowie mehr Gewicht für Sozialleistungen statt Geld vorsieht: „Das kann man durchaus umsetzen.“Er wolle das „gern mit der ÖVP besprechen“und sei „in dieser Linie sehr kompromissbereit“.
Auch in Sachen „Deckel“, den die ÖVP bei 1500 Euro Mindestsicherung für Familien einziehen möchte, bekundete er „Interesse, dass es Bewegung gibt“. Er meine auch: „Die Geldleistung kann man tatsächlich begrenzen.“Die Frage sei jedoch: „Wo ist das richtige Maß?“– und es sei „wichtig, dass Sachleistungen wie zum Beispiel Wohnen angeboten werden“.
Angesichts des Vergleichs mit Erwerbseinkommen sagte Stöger, wenn der Abstand zur Mindestsicherung „zu gering ist, dann müssen wir die Löhne erhöhen“. Für Menschen auf der Flucht „brauchen wir tatsächlich andere Antworten“. Etwa das von ihm propagierte „Integrationsjahr“mit Spracherwerb, Wertevermittlung und Kompetenzchecks, um eine Integration am Arbeitsmarkt vorzubereiten. Wer sich nicht beteiligt, „bekommt auch nichts“.
„Spät, aber doch“
Diese Aussagen kamen bei der ÖVP recht gut an. Generalsekretär Werner Amon sah die „die Möglichkeit zum Kompromiss“. Klubchef Reinhold Lopatka erblickte einen „ersten Schritt in die richtige Richtung – spät, aber doch“.
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wähnte Stöger „sozial- und arbeitsmarktpolitisch weiterhin auf dem falschen Dampfer“. Judith Schwentner, Grünen-Sozialsprecherin, hingegen lobte ihn: „Halten Sie den Kurs!“Gerald Loacker (Neos) war verärgert über Stögers „vorbereitete Stehsätze“, und das Team Stronach will ebenfalls nicht sofort die volle Mindestsicherung für nicht anerkannte Flüchtlinge.
Und noch einmal zum Wahlkampf: Für Rot-Schwarz kalkuliert Stöger mit dem regulären Ablaufdatum 2018. Gefragt, ob die FPÖ eine Regierungsoption sei, antwortete er: „Eine starke Sozialdemokratie ist für Österreich besser.“Da die jedoch bei der anstehenden Runde zwei der Bundespräsidentschaftsstichwahl nicht mehr zur Disposition steht, ist in dem Fall für Stöger Alexander Van der Bellen für Österreich besser.