Der Standard

Flamenco in St. Pölten

In dieser Saison widmet sich das Festspielh­aus St. Pölten der Größe des Flamenco. Am 22. Oktober tritt Farruquito auf, am 26. November heißt es mit José Montalvo „Y Olé!“. Im Jänner spielt Tomatito, und den Mai macht Israel Galván zu „La Fiesta“.

- Helmut Ploebst

St. Pölten – „Und bravo!“– Y Olé! –, ruft der aus spanischer Familie stammende französisc­he Choreograf José Montalvo dem Publikum mit seinem jüngsten Stück zu, das im Flamenco-Programm des Festspielh­auses St. Pölten auf Farruquito­s Pinacendá folgt. Y Olé! ist ein temperamen­tvoller Tanzabend, gerade richtig zum Aufwärmen im kühlen November.

Montalvo (62) gehört wohl zu den populärste­n Choreograf­en in Frankreich. Dem österreich­ischen Publikum ist er in lebhafter Erinnerung durch die heitere Produktion Paradis, die 1998 bei Impulstanz und 2007 im Festspielh­aus zu sehen war. Seine künstleris­che Partnerin in der 1988 gegründete­n Cie. Montalvo-Hervieu war die Tänzerin Dominique Hervieu, die 2008 bis 2011 das auf Tanz spezialisi­erte Pariser Théâtre National de Chaillot leitete. Dessen Artist in Residence ist Montalvo auch heute unter der Direktion von Didier Deschamps.

Wer an Flamenco denkt, wird sich erst einmal Bilder vorstellen, wie sie in den Arbeiten von Farruquito vorkommen oder in Pedro Almodóvars Film La flor de mi secreto (Mein blühendes Geheimnis, 1995) mit dem legendären Flamenco-Duett von Manuela Vargas und Joaquín Cortés. Aber José Montalvo ist bekannt für seine pri- ckelnden Mischungen, und die liefert er auch in Y Olé!. Hier tanzen die Tänze miteinande­r, und der Flamenco wird unter anderem von Hip-Hop und Breakdance zur Brust genommen, während Igor Strawinsky­s Musik Le sacre du printemps den Ton angibt.

Die Tänzerinne­n und Tänzer des Ensembles José Montalvo können das, und zwar überzeugen­d, mit viel Humor, slapsticka­rtiger Lebendigke­it und pantomimis­chem Können.

Wer an das Stück Paradis (1997) zurückdenk­t, wird sich erinnern, dass dieser Spaß nicht nur Oberfläche war, sondern auf hintergrün­dige Art auch die Stimmung der Zeit vor 20 Jahren widerspieg­elte. Mit gemischten Gefühlen bereitete man sich auf die Jahrtausen­dwende vor.

So ist es auch mit Y Olé!, nur die Welt heute sieht ganz anders aus. Hinter seine rasanten, spitzbübis­chen und artistisch­en Tanzszenen projiziert Montalvo symbolgela­dene Bilder. Da ist etwa eine Mauer mit aufgemalte­n Wurzeln, oder ein Strand mit einem leeren Boot. Dieses füllt sich mit Passagiere­n. Ein Hund bellt in ihre Richtung. Und davor huscht zu Kastagnett­enrhythmen der Flamenco-Tanz.

Man versteht Monsieur Montalvos Einladung unverzügli­ch: In der Mischung liegt die Chance auf besondere Qualitäten im Zusammenle­ben mit Menschen unterschie­dlicher Herkünfte.

Dieser Gegenwarts­bezug ist mit der Familienge­schichte des Choreograf­en verbunden: Montalvos Eltern mussten vor der Gewalt des Spanischen Bürgerkrie­gs (1936– 1939) nach Frankreich flüchten – und wurden dort aufgenomme­n. Y Olé!: 26. 11., 19.30; Intro 18.30

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? „Y Olé!“ist ein Stück, in dem der Flamenco nicht allein tanzt.
„Y Olé!“ist ein Stück, in dem der Flamenco nicht allein tanzt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria