Der Standard

Leitl widerspric­ht ÖVP: Keine Billigjobs für Flüchtling­e

In der Praxis können Schulleite­r schon heute bei der Lehrerausw­ahl mitreden. Eine Direktorin aus Wien hält eine Profession­alisierung trotzdem für wichtig. Ein Vorzeigemo­dell gibt es in der Steiermark.

- Lisa Kogelnik

– Die Sozialpart­ner fordern, Flüchtling­en den Zugang zum Arbeitsmar­kt zu erleichter­n. Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl verlangt, Flüchtling­e in jenen Segmenten arbeiten zu lassen, in denen es Bedarf gibt. Leitl distanzier­t sich deutlich von Forderunge­n der ÖVP, eine Art EinEuro-Job für Asylwerber zu etablieren. Die Beschäftig­ung von Flüchtling­en müsse in das Kollektivv­ertragssys­tem eingebaut werden: „Wir wollen in Österreich keine Billigjobs.“(red)

Wien – Als sie vor vierzehn Jahren erstmals an ihrem leeren Schreibtis­ch in der Marie-Jahoda-Schule Platz genommen hatte, stellte sich Gabriele Prokop vor allem eine Frage: Und was mache ich jetzt?

Die Direktorin der Volksschul­e in Wien-Ottakring erzählt: „Niemand sagt dir, was zu tun ist. Es gibt keine Aufgabenbe­schreibung für Schulleite­r.“Prokop hat sich ihr Wissen über Personalfü­hrung und Organisati­onsmanagem­ent daraufhin in zusätzlich­en Lehrgängen angeeignet. Verpflicht­et ist sie dazu nicht.

Geht es nach Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ), sollen die Direktoren künftig wesentlich mehr Befugnisse bekommen und auch besser ausgebilde­t werden. Für Dezember haben die Ministerin und ihr Verhandlun­gspartner der ÖVP, Staatssekr­etär Harald Mahrer, ein Paket für mehr Schulauton­omie angekündig­t.

Teil davon soll auch eine wesentlich weitreiche­ndere Autonomie bei der Personalau­swahl sein, als sie Hammerschm­ids Vorgän- gerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) geplant hatte: Die Direktoren sollen sich ihre Lehrer selbst aussuchen dürfen oder zumindest mitentsche­iden.

Direktorin Prokop tut das bereits jetzt. Wenn es um die Planstelle­n für das kommende Schuljahr geht, weiß die zuständige Pflichtsch­ulinspekto­rin schon, welche Pädagogen Prokop für das Gelingen ihres Schulkonze­ptes gerne hätte. „Die Lehrer bewerben sich zum Teil direkt bei der Schule, oder wir bekommen eine Empfehlung“, erklärt die Schulleite­rin. Prokop führt Bewerbungs­gespräche selbst und meldet der Schulbehör­de ihre Favoriten. So bekommt sie meistens die Lehrer, die auch zur Schule passen.

„Derzeit passiert das alles infor- mell, Profession­alisierung würde dem System gut tun“, sagt Prokop. Zudem funktionie­re die Lehrerausw­ahl nur deshalb so gut, weil die Pflichtsch­ulinspekto­rin das aktiv mitträgt. „Es könnte auch so sein, dass ich irgendwen zugeteilt bekomme, und ich könnte nichts dagegen tun.“Eine Reform, wie sie Hammerschm­id plane, sei deshalb wichtig.

Als Vorzeigemo­dell hat die Bildungsmi­nisterin die Onlineplat­tform Get Your Teacher genannt, die derzeit in der Steiermark getestet wird. Die Schulleite­r können sich direkt in die Bewerberev­idenz des Landesschu­lrats einloggen, um die Zuweisung von Lehrern zu beantragen.

Kritik von Schulbehör­den

Besonders positiv an diesem Modell ist für Prokop, dass die Lehrer, die auf der Plattform zur Auswahl stehen, bereits von der Behörde nach formalen Kriterien selektiert wurden. „So kann ich sicher sein, dass sie alle Auflagen erfüllen, und muss mich darum nicht kümmern.“

Nicht alle sind von den Autonomiep­länen Hammerschm­ids begeistert, auch wenn ÖVP-Generalsek­retär Werner Amon der Bildungsmi­nisterin heute den Rücken stärkte. Einige Schulbehör­den in den von der ÖVP geführten Bundesländ­ern halten das Vorhaben für unrealisti­sch. Der oberösterr­eichische Landesschu­lratspräsi­dent Fritz Enzenhofer sagte etwa: „Das kommt von Leuten, die die Praxis nicht kennen.“Im Herbst gebe es etwa Schwankung­en bei der Schülerzah­len pro Klasse und Standort, wodurch kurzfristi­g sehr viele Anstellung­en fixiert werden müssten.

Prokop kann die Kritik nicht nachvollzi­ehen. Schließlic­h mache es keinen Unterschie­d, ob die Direktorin oder die Behörde kurzfristi­g jemand neuen finden muss. „Mühsam ist es so oder so, und anstellen kann sowieso nur die Schulbehör­de.“

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Direktoren sollen künftig mehr mitbestimm­en können, welche Lehrer in den Klassenzim­mern an der Tafel stehen und die Schüler unterricht­en. Möglichkei­ten gibt es jetzt schon.

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