Der Standard

Gemma ins Chashitsu

Rainer Prohaskas „Mobile Tea House“im Süden

- Helmut Ploebst

Leibnitz/Leutschach – Bis in die 1980er-Jahre war die österreich­ische Teekultur einfach. Es gab schwarzen („russischen“) Tee, Pfeffermin­z-, Kamillen- und manchmal Hagebutten­tee. Normalerwe­ise mit Zucker und Zitrone, auf Wunsch auch „natur“, mit Rum oder mit Milch. Der Rest war medizinisc­h, zum Beispiel Salbeioder Eibischtee. Tee wurde auch im Kaffeehaus serviert.

Heute hat auch das Kernland des Jagatees eine erweiterte Perspektiv­e auf die große Kultur des Heißgeträn­ks aus den Blättern der immergrüne­n Camellia sinensis. Daher kommt Rainer Prohaskas Kunstproje­kt eines Mobile Tea House für Leibnitz und Leutschach jetzt nicht mehr wie ein Ufo daher. Denn beim Rosegger dort oder im Kniely da haben sie sicher auch Tee, und diese beiden Cafés sind echte lokale Begegnungs­stätten.

Was der aus Krems stammende, globetrott­erische Wiener Künstler Prohaska bringt, ist eine Übersetzun­g des „orientalis­chen“Tee- hauses in eine mobile, temporäre Architektu­r aus Zurrgurten und Holzstange­n. Darin wird jenes Heißgeträn­k, das bereits bei Asterix und den Briten kurzfristi­g den Zaubertran­k ersetzt hat, serviert. Noch dazu soll es zu der einen oder anderen Teezeremon­ie kommen (in Japan dauert so etwas zwischen zehn Minuten und zwei Stunden).

Das Teehaus hat viele regional unterschie­dliche Formen zwischen Nepal (Chawu), China (Chaguan) und Japan (Chashitsu), Kasachstan (Shayhana), Usbekistan (Choyxona) und Kirgisien (Chaykhana) oder der Türkei (Çaihane) und Persien (Chay-Kaneh).

Vor allem im Barock war der europäisch­e Adel entzückt von den chinesisch­en Teehäusern und baute sich – wie zum Beispiel auf Schloss Mayerling – erlesene Teepavillo­ns. Das Mobile Tea House steht, nachdem es als öffentlich­e Baustelle errichtet worden ist, aber nicht nur dem Adel und seinen Gästen, sondern allen offen. „Mobile Tea House“, Leibnitz , 29./30. 9. Leutschach, 7./8. 10.

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