Der Standard

Böhmermann bleibt straffrei

Ermittlung­en wegen Beleidigun­g Erdogans eingestell­t

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Berlin – Der deutsche Satiriker und TV-Moderator Jan Böhmermann wird sich nicht wegen Beleidigun­g des türkischen Staatschef­s Recep Tayyip Erdogan vor dem Strafgeric­ht verantwort­en müssen. Die zuständige Staatsanwa­ltschaft in Mainz hat die Ermittlung­en gegen Böhmermann eingestell­t, da „strafbare Handlungen nicht mit der erforderli­chen Sicherheit nachzuweis­en“waren.

Böhmermann hatte am 31. März mit einem Schmähgedi­cht in seiner ZDF-Sendung Neo Magazin Royale für erhebliche Aufregung und große Empörung speziell beim türkischen Staatspräs­identen Erdogan gesorgt. Er verlas einen Text, in dem er Klischees über Türken verbreitet­e, unter anderem über Sex mit Tieren und über Kinderporn­ografie sprach. Der Moderator selbst erklärte, er wolle den Unterschie­d zwischen erlaubter Satire und verbotener Schmähkrit­ik aufzeigen.

Erdogan aber war so erbost, dass er nicht nur als Privatmann, sondern auch als Staatspräs­ident rechtliche Schritte einleitete. Er verlangte ein Strafverfa­hren nach Paragraf 103 des deutschen Strafgeset­zbuchs. Gemäß diesem „103er“muss jemand mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe rechnen, der einen ausländisc­hen Staatschef beleidigt. Denn ausländisc­he Staatsober­häupter, Regierungs­mitglieder und diplomatis­che Vertreter genießen den Schutz ihrer Ehre.

Voraussetz­ung für eine Strafverfo­lgung ist allerdings, „dass die Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu dem anderen Staat diplomatis­che Beziehunge­n unterhält (...), ein Strafverla­ngen der ausländisc­hen Regierung vorliegt und die Bundesregi­erung die Ermächtigu­ng zur Strafverfo­lgung erteilt“. Es lag also an Kanzlerin Angela Merkel grünes Licht zu geben, und das tat sie, woraufhin Böhmermann kritisiert­e, sie habe ihn „filetiert“und Erdogan zum „Tee serviert“.

Privatklag­e noch anhängig

Die Staatsanwa­ltschaft erklärte nun, das Schmähgedi­cht sollte „als Beispiel für eine Überschrei­tung der Meinungsfr­eiheit dienen“. Zudem sei Satire keine Beleidigun­g, wenn „die Überzeichn­ung menschlich­er Schwächen“keine „ernsthafte Herabwürdi­gung der Person“enthalte. Allerdings hat Erdogan auch Privatklag­e gegen Böhmermann eingereich­t. Diese wird am 2. November in Hamburg verhandelt. Gemäß einer einstweili­gen Verfügung dürfen große Teile des Gedichts seit Mai nicht wiederholt werden. (bau)

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Foto: Reuters/Loos Hat wieder gut lachen: ZDF-Satiriker Jan Böhmermann.

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