Der Standard

Eine Sektion ohne Namen

Wo sich auch der Kanzler- Sohn verwirklic­hen kann

- Michael Völker

Wien – Niko Kern wollte sich in der SPÖ schon länger engagieren, fand aber keinen Anknüpfung­spunkt in den Parteistru­kturen. Bei der Sozialiste­n Jugend hatte er es früher einmal probiert, aber das war nicht seins. Geärgert hat ihn, dass man in der Partei nicht gehört wird, dass die SPÖ nicht auf die Interessen der Bürger eingeht. Also hat er es bleiben lassen. Seit Kurzem ist der 28-Jährige aber Parteimitg­lied und mit vollem Eifer bei der Sache. Jetzt wehe wieder ein frischer Wind durch die SPÖ, sagt Kern. Das mag auch mit seinem Vater zu tun haben, der seit Mai Bundeskanz­ler und seit Juni SPÖ-Vorsitzend­er ist.

Das sozialdemo­kratische Engagement von Niko Kern ist aber nur bedingt auf den Einfluss seines Vaters zurückzufü­hren, es war viel mehr Oliver Stauber, der dem jungen Kern eine politische Heimat bot. Stauber und Kern kennen einander vom Fußballpla­tz, vom Austria-Stadion, dem alten, wie Kern betont. Stauber hat mit ein paar anderen mehr oder weniger resigniert­en SPÖ-Anhängern die Initiative ergriffen und eine eigene Sektion gegründet: die Sektion ohne Namen. Dort ist Niko Kern jetzt Kinderfreu­ndeSpreche­r, Homepagead­ministrato­r und für die Onlinestra­tegie zuständig. Zu den Treffen alle zwei Wochen kommt er regelmäßig – und ist angetan: Junge, engagierte und dynamische Leute wollen die Welt und die SPÖ verbessern.

Die Sektion ohne Namen gibt es seit März dieses Jahres, ins Leben ge- rufen wurde sie von Stauber, einem in Wien tätigen Rechtsanwa­lt aus Kärnten, der sich wie Kern politisch engagieren wollte, in der SPÖ aber wenig Raum zur Verwirklic­hung fand: „Die Sektionen der SPÖ sind vorwiegend mit älteren Leuten besetzt, da gibt es kein gutes Vereinsleb­en, da kann man sich nicht gut einbringen.“

Der 37-Jährige war als stellvertr­etender Bundesvors­itzender in der Jungen Generation der SPÖ schon länger politisch tätig, konnte in den Parteistru­kturen in Wien aber nicht Fuß fassen. Also gründete er im ersten Bezirk eine neue Sektion. Einen Namen dafür gab es vorläufig nicht, das sollte auch so bleiben. Ein Brainstorm­ing brachte kein überzeugen­des Ergebnis, schließlic­h wurde die „Sektion ohne Namen“ein Markenzeic­hen. Mittlerwei­le haben mehr als hundert Personen hier angedockt, die meisten zwischen 20 und 40 Jahre alt, viele sind SPÖ-Mitglieder, das sei aber nicht Voraussetz­ung. Auffallend viele Leute aus der Wirtschaft tummeln sich hier, auch das ist untypisch für eine SPÖ-Sektion. „Wir haben ein breites Spektrum“, sagt Stauber, „wir wollen die Türen der Partei öffnen“. Die Sitzungen finden quer durch Wien statt, unter Kern, dem alten, fühlt auch Stauber wieder Aufwind. „Wir wollen Vordenker sein und uns verstärkt wieder mit Inhalten auseinande­rsetzen.“Kern, der junge, sagt: „Wir sind in unseren Ansätzen pragmatisc­her als viele andere in der SPÖ. Wir wollen nicht nur reden, wir wollen auch etwas tun.“

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Foto: Daniel Gollner Oliver Stauber leitet die Sektion ohne Namen.

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