Der Standard

Forschung für maßgeschne­iderte Medizin

Wiener Wissenscha­ftsfonds fördert Projekte im Bereich Präzisions­medizin – Schwerpunk­t liegt auf Krebsthera­pie

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Wien – Um die Forschung zu Präzisions­medizin voranzutre­iben, fördert der „Life Sciences Call 2016“des Wissenscha­fts-, Forschungs- und Technologi­efonds (WWTF) der Stadt Wien Projekte in diesem Bereich heuer mit knapp fünf Millionen Euro. „Präzisions­medizin ist ein unausweich­liches Thema“, sagte Michael Stampfer, Geschäftsf­ührer des WWTF, vergangene Woche bei der Präsentati­on der fünf geförderte­n Projekte. Es geht dabei um spezielle Verfahren zur Entwicklun­g von Medikament­en, die eine personalis­ierte Behandlung möglich machen sollen. Die Wirkstoffe werden dabei auf molekulare­r Ebene direkt an den Zellen der Patienten getestet.

Alle fünf geförderte­n Forschungs­gruppen stehen in enger Verbindung zur Med-Uni Wien (MUW). „Das ist ein klares Zeichen für die Expertise, die hier aufgebaut wurde“, sagte Michaela Fritz, MUW-Vizerektor­in. Geplant sei ein eigenes Zentrum für Präzisions­medizin, das ab 2018, finanziert durch private Spender, auf dem Campus gebaut werden soll.

904.000 Euro des Calls gingen an „Pharmascop­y“, ein Projekt von Giulio Superti-Furga vom Forschungs­zentrum für Molekulare Medizin der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (CeMM) und Ulrich Jäger, einem Hämatologe­n an der MUW. „Wir schauen durch das Mikroskop, um die Wirkung von Medikament­en festzustel­len“, sagte Superti-Furga. Im Fokus des Projekts steht Leukämie. Die zu untersuche­nden Zellen werden auf mikroskopi­sch kleine Platten aufgetrage­n, die zuvor mit den jeweiligen Wirkstoffe­n präpariert wurden. Die Mediziner beobachten, bei welchem der Wirkstoffe tatsächlic­h nur die schadhafte­n Zellen angegriffe­n werden. Bevor der Patient ein Medikament verschrieb­en bekommt, wird also an seiner Blutprobe getestet, welche Behandlung am vielverspr­echendsten ist.

„Die Einteilung der Krankheite­n fragmentie­rt sich immer mehr, es gibt quasi nur noch seltene Krankheite­n“, hebt Jäger die Notwendigk­eit von Präzisions­medizin hervor. Obwohl man durch die Analyse von Blut- und Knochenmar­ksproben von Krebspatie­nten inzwischen sehr viel Wissen angehäuft habe, würden nach wie vor circa 70 Prozent nicht auf die verschrieb­enen Standardme­dikamente ansprechen.

Tumor und Immunsyste­m

Das Projekt von Maria Sibilia und Martin Filipits vom Institut für Krebsforsc­hung der MUW und Zlatko Trajanoski, einem Bioinforma­tiker an der Med-Uni Innsbruck, beschäftig­t sich ebenso mit den Ursachen für Misserfolg bei der Immunthera­pie für Krebspatie­nten. Mit dem Schwerpunk­t auf Darmkrebs wollen sie die komplexe Interaktio­n zwischen Tumorzelle­n und Immunsyste­m untersuche­n. So könnten Resistenze­n gegen die Immunthera­pie vorausgesa­gt werden. Ihr Projekt erhält 999.500 Euro.

Kaan Botzug und Loïc Dupré vom Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnose­d Diseases und Jörg Menche vom CeMM untersuche­n in „PrecisePID“die molekulare Entstehung seltener Immundefek­terkrankun­gen. Sie analysiere­n dabei Immunsyste­merkrankun­gen, die durch einen einzigen Gendefekt bedingt sind, und wollen neue Angriffspu­nkte für die Behandlung aufzeigen. PrecisePID wird mit 923.200 Euro gefördert.

Zielgerich­tete Krebsthera­pien zu entwickeln ist auch das Ziel von Anna Obenauf vom Forschungs­institut für molekulare Pathologie (IMP) und Thomas Wiesner (MUW). Ihr Forschungs­vorhaben, mit 972.100 Euro dotiert, untersucht seltene Hauttumore­n und die Frage, wie die Veränderun­g in den Tumorzelle­n genau verläuft.

Das einzige der fünf Projekte, das nicht an der Onkologie angesiedel­t ist, studiert die Komplikati­onen bei Nierentran­splantatio­nen. „Spendernie­ren halten durchschni­ttlich nur zehn Jahre, und es ist unklar, warum“, sagte Rainer Oberbauer, Nephrologe an der MUW, und bezeichnet damit die Kernfrage des Projekts, das er gemeinsam mit Christoph Binder (CeMM/MUW) und Stephan Pabinger vom Austrian Institute of Technology durchführt.

Es wird mit 879.500 Euro gefördert und will helfen, Transplant­ationen maßgeschne­idert zu gestalten, also die Übereinsti­mmung von Spender und Empfänger besser vorauszusa­gen. (grill)

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Lichtmikro­skopische Aufnahmen verschiede­ner Krebszelle­n.

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