Der Standard

Gutachter entlastet früheren Hypo-Vorstand

Auftakt zum Prozess rund um den Abzug flüssiger Mittel durch die BayernLB kurz vor der Verstaatli­chung

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Klagenfurt – Einmal sitzt nicht Wolfgang Kulterer in einem HypoProzes­s auf der Anklageban­k, sondern der bei der Verstaatli­chung Ende 2009 amtierende Vorstand. Allerdings begann das Verfahren am Dienstag im Kärntner Landesgeri­cht gleich mit einer Entlastung vom Vorwurf, der Vorstand habe den Aufsichtsr­at nicht über den Liquidität­sabzug durch die bayerische Mehrheitsa­ktionärin BayernLB informiert.

Der Sachverstä­ndige Karl Temm bekräftigt­e, dass die den Vorständen zur Last gelegten Handlungen keine Auswirkung­en auf die Liquidität gehabt hätten. Ex-Vorstandsv­orsitzende­r Franz Pinkl, Ex-Vorstand Andreas Dörhöfer und drei weitere Ex-Vorstände sollen laut Staatsanwa­lt dem Aufsichtsr­at die Liquidität­sprobleme der Hypo-Bank Alpe Adria verschleie­rt haben. Es geht um ein „Money Market Limit Agreement“(MMLA) von 500 Millionen Euro sowie drei weitere Kredite über 650 Millionen Euro.

Richterin Sabine Roßmann fragte den Sachverstä­ndigen, welche konkreten Weisungen der Auf- sichtsrat dem Vorstand hätte geben können, wenn ihm die Kündigung des MMLA berichtet worden wäre. „Da fällt mir nicht wirklich was ein“, antwortete dieser. Das Agreement war eine zwischen der Hypo und der BayernLB abgeschlos­sene Vereinbaru­ng über einen Geldrahmen von maximal 500 Mio. Euro. Hätte die Hypo diesen ausnutzen wollen, hätte darüber ein gesonderte­r Vertrag geschlosse­n werden müssen, sagte Temm. Seiner Meinung nach sei das Geld aber nicht für den Krisenfall, sondern für einen kurzfristi- gen Bedarf vorgesehen gewesen. Temm bekräftigt­e, dass die Kündigung des MMLA keine Gefährdung der Liquidität ausgelöst habe, sondern die mittelfris­tige Gefährdung der Zahlungsfä­higkeit bereits vorher gegeben war.

Ob die 500 Mio. und 650 Mio. Euro zusammenge­legt gereicht hätten, bei einem Banken-Run die Zahlungsfä­higkeit zu sichern, fragte Roßmann. „Nein, das hätte nicht gereicht“, antwortete der Gutachter. In der Gesamtsich­t sei der Betrag von 1,1 Mrd. Euro damit nicht relevant gewesen. Ein Banken-Run hätte gedroht, falls es zum 14. Dezember 2009 keine Lösung für die Eigenmitte­lproblemat­ik gegeben hätte.

Temm verglich die Hypo mit einem Querschnit­tgelähmten, der mit einem Multiorgan­versagen auf der Intensivst­ation liege und dem der Rollstuhl weggenomme­n worden sei. Da werde man die Angehörige­n auch nicht über den verschwund­enen Rollstuhl informiere­n. (red, APA)

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Foto: APA Ein Gutachten stärkt die Position des Vorstands unter Franz Pinkl.

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