Der Standard

US-Wirtschaft schwächelt

Der Währungsfo­nds hat die Konjunktur­aussichten für die USA deutlich zurückgesc­hraubt. Das Wachstum der Vereinigte­n Staaten wird demnach erstmals seit 2008 hinter jenes der Eurozone zurückfall­en. Österreich fällt in der Währungsun­ion weiter zurück.

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Washington/Wien – Die USA haben ihre Rolle als Wachstumsl­okomotive wohl endgültig verloren. Der Internatio­nale Währungsfo­nds hat am Dienstag in seinem Konjunktur­ausblick die letzten Schätzunge­n für die USA vom Juli deutlich zurückgeno­mmen. Flaue Investitio­nen – möglicherw­eise auch wegen der Unsicherhe­it über die künftige politische Führung des Landes – bremsen das Wachstum heuer auf 1,6 Prozent, meint der IWF. Im Sommer war der Fonds noch von einem Plus von 2,2 Prozent ausgegange­n.

Sollten bis Jahresende keine gravierend­en Änderungen eintreten, würden die Vereinigte­n Staaten sogar hinter die traditione­ll schwächere Wirtschaft der Eurozone zurückfall­en. Diese entwickelt sich jetzt nämlich geringfügi­g besser als zuletzt vom IWF vermutet und soll demnach heuer um 1,7 Prozent zulegen. Damit würde sich der Euroraum erstmals seit 2008 wirtschaft­lich besser entwickeln als das Dollarreic­h, wenngleich nur für ein einzelnes Jahr.

Doch was sind die Gründe für die Schwäche der USA, die im zweiten Quartal dieses Jahres eingesetzt hat? Während Konsum und Beschäftig­ung in den Vereinigte­n Staaten weiter zulegen, schwächeln die Investitio­nen, insbesonde­re im Energieber­eich. Auch der stärkere Dollar dürfte die Entwicklun­g bremsen. Doch auch wenn für 2017 eine Beschleuni­gung des Wachstums erwartet wird, bleiben die Aussichten mittelfris­tig mager.

Der IWF nimmt dabei – nicht nur für die USA – die Diskussion über die schwachen Produktivi­tätsfortsc­hritte auf, die seit Monaten intensiv geführt wird. Die Produktivi­tätssteige­rungen liegen seit 2008 unter Vorkrisenn­iveau, was manchmal auch als Vermächtni­s der Rezession nach dem LehmanKoll­aps bezeichnet wird.

Der Währungsfo­nds ist sich selbst über die Gründe der dürftigen Fortschrit­te nicht sicher, wie er im World Economic Outlook schreibt. Einige Ökonomen meinen, dass die Effizienzg­ewinne durch die IT- und Kommunikat­ionsrevolu­tion ausgeschöp­ft seien. Andere verweisen auf die niedrigen Investitio­nen, die wiederum Folge bescheiden­er Wachstumse­rwartungen sein könnten. Auch niedrige Zinsen und die Alterung der Gesellscha­ft dürften eine Rolle spielen.

„Enttäusche­nd“

Dazu kommt die hohe Beschäftig­ung in den USA. Wächst diese schneller als die Wirtschaft, sinkt die Produktivi­tät. Doch nicht nur die Perspektiv­e der Vereinigte­n Staaten ist dürftig, IWF-Chefvolksw­irt Maurice Obstfeld bezeichnet­e die Wachstumsa­ussichten aller Industries­taaten als „enttäusche­nd“.

Dass die Weltwirtsc­haft die USSchwäche in den Augen des IWF nicht stärker zu spüren bekommt – die Wachstumsp­rognose blieb mit 3,1 Prozent heuer und 3,4 Pro- zent 2017 unveränder­t –, liegt vor allem an den Schwellenl­ändern. Ihr Wachstum soll nach Jahren rückläufig­er Raten wieder zulegen, wozu auch das Durchschre­iten der Talsohle der russischen Wirtschaft beiträgt. Sie soll 2017 nach langer Rezession wieder leicht wachsen. Trotz leicht rückläufig­er Wachstumsr­aten Chinas sieht der IWF keine größeren Turbulenze­n im Reich der Mitte.

Für Österreich ist der Ausblick zweischnei­dig: Für heuer rechnet der IWF nun mit 1,4 Prozent Wachstum, was unter den Prognosen der heimischen Forschungs­institute, aber über der bisherigen Einschätzu­ng des Fonds liegt. Im kommenden Jahr wird sich die heimische Wirtschaft mit 1,2 Prozent Plus laut IWF deutlicher abschwäche­n als zuvor angenommen.

Die Eurozone ist mit 1,7 Prozent Zuwachs heuer und 1,5 Prozent im kommenden Jahr besser unterwegs als Österreich. Einstige Krisenländ­er wie Irland und Spanien boomen förmlich. Sogar das schwer gezeichnet­e Griechenla­nd wird laut dieser Prognose 2017 wieder ein mickriges Wachstum von 0,1 Prozent erreichen. (as)

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